Der deutsch-französische Krieg 1870/71

  • Liebe Sammlerfreunde,

    hierzu folgender Brief:
    Brief von Laubach nach Giessen mit Vermerk: "Militaria - vom Lazareth Laubach" vom 8.1.1871. Innen "Kommando der Lazareth Kommission" mit Unterschrift "Otto Graf zu Solms Laubach - Delegierter für die Lazarethe zu Laubach".

    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Hallo,
    in der Hoffnung, einen für mich relevanten Feldpostbrief aus dem Krieg von 1866 zu bekommen, habe ich diesen Brieg erworben. Im Sommer 1866 war die Feldpostexpedition III der 2. bayerischen Infanterie-Division zugeordnet, wozu die Artillerie-Abteilung, die hier als Absender fungiert, gehörte. Das passt also schon mal. Auch das Datum 6.8. kommt hin; da waren die bayerischen Divisionen nach dem Waffenstillstand vom 2.8. auf dem Rückzug nach Süden, und die 2. ID lag bei Arnstein.
    Einzig der Münchener Ankunftsstempel vom 8.8. (der auf dem ebay-Angebot allerdings nicht abgebildet war) - nach Winkler Typ 20a - belegt eindeutig, dass der Brief aus dem 70/71er Krieg und nicht aus 1866 stammt, da dieser Stempel erst ab 1870 nachgewiesen ist und keinesfalls 4 Jahre zuvor schon im Einsatz war. Also ein Fehlkauf für mich?
    Nein - deutlicher Abschlag des Stempels der FPE III, welcher auch 1866 schon im Einsatz war, und ein wunderschön erhaltenes Siegel der Artillerie-Abteilung der 2. Division.

  • Lieber mikrokern,

    ich bin kein Experte für bayer. Feldpoststempel, aber die III gab es glaube ich 1866 nicht, oder täusche ich mich da?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber bayern klassisch,
    ja, da täuschst Du Dich!
    Wie ich geschrieben hatte, die FPE III war im Sommer der 2. bayerischen Infanterie-Division zugeordnet. Es gab alle FPE-Stempel I bis VI, auch 1866!

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern,

    ich kannte nur die I und II, nicht die III, die ich eher 1870/71 zugeordnet hätte (damals ging es ja bis zur VI). Danke für die Aufklärung! :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Sammlerfreunde,

    Briefe französischer Kriegsgefangener ins Ausland wurden offensichtlich hier noch nicht vorgestellt. Im Anhang zeige ich einen Brief vom 27. Januar 1871 aus Merseburg (preußische Provinz Sachsen) nach Lausanne in der Schweiz. Der Zusammenhang zum Thema ergibt sich aus der Siegelseite. Absender des Briefes ist ein Hauptmann M. Briatte, Kriegsgefangener in Merseburg (interpretiere ich seine Einheit als "Jäger zu Fuß" richtig ? - meine Kenntnisse des Französischen tendieren gegen Null). Außerdem befindet sich auf der Siegelseite noch ein Stempel einer ERSATZ ESCADRON eines III. Regiments, die wahrscheinlich für die Bewachung der Kriegsgefangenen in Merseburg zuständig war.

    Empfänger des Trauerbriefes in Lausanne war ein Herr Briatte, bei der Namensgleichheit offensichtlich ein Verwandter des gefangenen Hauptmanns. Bei Wikipedia habe ich dazu Folgendes gefunden: Francois Briatte (1805 - 1877) war ein bedeutender Schweizer Politiker in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Er stammte aus einer französischen Familie (!). Zunächst war er Mitglied der Regierung des Kantons Waadt, dann Mitglied des Ständerates, der 2. Kammer des Schweizer Parlaments. 1848/1850 war er der zweite Präsident des Ständerates. Insgesamt übte er dieses Amt viermal aus, so oft, wie kein anderer Schweizer Politiker.

    Abschließend noch eine Frage zur Frankatur des Briefes. Meiner Meinung nach hätten 2 Groschen gereicht?

    Beste Grüße aus Merseburg

    Jürgen

  • Hallo Jürgen,

    Gratulation zu dem schönen und interessanten Brief!!!

    Da der Kriegsgefangene die ihm zustehende Portofreiheit auf deutscher Seite nicht beanspruchte, war der Brief mit 2 Groschen zu frankieren. Mit Portofreiheitsvermerk "Portofrei laut Verfügung vom 7. August 1870" war lediglich das schweizer Weiterfranko (1 Groschen) zu frankieren.

    Beste Grüße
    1870/71

  • Hallo Italienfreund,

    auch von hier aus recht herzlichen Glückwunsch zu diesem - wirklich sehr sehenswerten - Beleg. Ich denke, es handelt sich bei dem in Kriegsgefangenschaft geratenen Absender um einen Offizier (Capitaine) des 1er (= premier) bataillon de chasseurs á pied.

    http://fr.wikipedia.org/wiki/1er_batai…urs_%C3%A0_pied

    http://military-photos.com/histochassap1.htm

    Die Einheit mit Garnisonsstandort Reims war im Krieg 1870/1871 Teil der armée du Rhin et de Châlons und im Wesentlichen beteiligt an der Schlacht von Froeschwiller-Woerth (06.08.1870) sowie an der Schlacht von Sedan (01.09.1870).


    + Gruß

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Sammlerfreunde,

    zur Abwechslung möchte ich einen nicht alltäglichen Posteinlieferungsschein aus 1870/71 zeigen.

    Ein Unbekannter gab am 12. Mai 1871 einen Geldbrief mit einliegenden 4 Talern bei der Feldpostexpedition der Avantgarde des Gardekorps in Chantilly auf. Diese Expedition war für die Gardekavallerie zuständig.

    Der Wertbrief ging an einen Zouaven-Korporal, der in der Festung Main kriegsgefangen war.

    Recht ungewöhnlich ist das späte Datum, da die französischen Gefangenen bereits ab Anfang März in ihre Heimat entlassen wurden.

    Gruß
    1870/71

  • Lieber 1870/71,

    mit 43 kb ist der Scan sehr klein - könntest du die Datenmenge verzehnfachen?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Rudolf,

    Die Tatsache, daß einen Zouave immer ein Kriegsgefangener im Mai 1871 ist, ist nicht so ungewönhlich.
    Wirklich auf den 400.000 französischen Kriegsefangenen wurden 170.000 im März 1871 befreit und die andere zwischen Mai und Juli 1871 befreit.
    Viele Grüsse.
    Emmanuel.

  • Hallo Ralph,

    eine bessere Abbildung kann ich leider nicht bieten, da die handschriftlichen Vermerke im Original nicht besser sind.


    Hallo Emmanuel,

    es liegt mir eine Studie, veröffentlicht im Rundbrief Nr. 85 der Arge Norddeutscher Postbezirk, über die prozentuale Verteilung der französischen Kriegsgefangenenbriefe bis zum endgültigen Friedensvertrag, vor. Im April 1871 wurden 5,3 %, im Mai 1871 nur noch 2,9 %
    der ausgewerteten Briefe aufgegeben. Insofern ist ein Kriegsgefangenenbeleg vom Mai 1871 immer etwas Besonderes.

    Neu für mich ist, daß alle Zouaven in Kriegsgefangenschaft gingen. Sicherlich gab es in deren Reihen auch Offiziere, welche unter bestimmten Voraussetzungen nicht in Gefangenschaft gingen. Oder habe ich da etwas falsch verstanden?

    Gruß
    1870/71

  • Hallo Rudolf,

    Das Garde-Zouaven Regiment war ein Eliteregiment. Alle seine Männer wurden Gefangene in Metz gemacht.
    Als diese Truppen zur kaiserliche Garde gehört hatten, ist es nicht erstaunlich, daß die französische Regierung nach ihrer Rückkehr schnell nicht gefragt hat.
    Bezüglich die französischen Gefangenen, sind 270.000 vom Ende März bis zu Ende April 1871 befreit. Zu diesem Zeitpunkt beschließt Bismarck, die Befreiungen aufzuhängen. Mit der Unterschrift des Vertrages von Frankfurt (10. Mai) bleiben es noch 138.000 Franzosen in Deutschland. Die Rückführung kommt am 16. August mit der Rückkehr der Kranken und der Verwundeten zum Abschluß .
    Viele Grüsse.
    Emmanuel.