Der deutsch-französische Krieg 1870/71

  • Hallo BayernSocial,

    dürfte das einer der besten bayerischen Briefe zum 1870/71 er Krieg sein


    ...seeeehr geschickt formuliert, frei nach dem Motto: Es dürfen zu allerliebst aber noch x-welche bessere folgen :thumbup:

    Sind das nicht genau die Momente, auf die Du als Sammler und Postgeschichtler wartest, einen solchen Brief zu finden und beschreiben zu dürfen.


    ...genau das sind sie !

    Viele Grüße !

    vom Pälzer :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Freunde,

    eventuell ist die "Heydon Villa", an die der Brief an George Taylor Denison III adressiert ist auch noch interessant, darüber ist in Google folgendes zu finden:
    http://lostrivers.ca/content/points/heydonhouse.html

    und dieser Link zu G.T.D. III ist sehr interessant, mit einem sehr guten bild von Ihm:
    http://www.biographi.ca/en/bio.php?id_nbr=8101

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

    Einmal editiert, zuletzt von Bayern Social (3. September 2016 um 13:23)

  • Hallo BayernSocial,

    na dann ist ja jetzt so ziemlich alles zusammen für einen weiteren Rundbriefbeitrag.

    Merci + Gruß !

    vom Pälzer :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,

    wenn das kein Hammerbeitrag wird, dann weiss ich es auch nicht.... :thumbup:

    Die Kombination, die in Deinem Brief steckt lässt mich wirklich ins Schwärmen kommen.

    1-Du hast eine sehr seltene Markenkombination, habe bisher noch keine zweite gesehen...
    2-Du hast eine äusserst seltene Destination mit Kanada
    3-Du hast einen historischen Inhalt zum 1870/71 Krieg
    4-Du hast auf beiden(!) Seiten Sophy trächtige Personen, also Absender UND Adressat
    5-Du hast einen von der Kalligraphie und den Marken/Stempel und dem Top erhaltenen Inhalt nebst Siegel gesehen wirklich sehr schönen Brief
    6-Du hast eine Transatlantik Fahrt laut@BK die mit der Company und dem Schiff aus Bayern wohl einmalig ist
    7-Du hast eine Contra wegen "Feldpostbrief", was nicht ging und die Streichung "gegen Schein"

    bestimmt könnte die "Highlight Liste" zu Deinem Brief noch verlängert werden, aber so bekommt man eben mal einen weiteren guten Eindruck, wie bedeutend Dein Brief ist :P

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • ... es fehlt noch Expreß, poste restante, Muster ohne Wert, Rückschein und unterfrankiert. :D

    Spaß beiseite - viel mehr als hier ( Bayern Social hat noch die Contras wegen "Feldpostbrief", was nicht ging und die Streichung "gegen Schein" vergessen) geht wohl kaum. Ein Traum !!!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo BayernSocial,

    nebst Siegel


    das dann anbei auch nochmal im Detail, hatte ich vergessen.

    ... es fehlt noch Expreß, poste restante, Muster ohne Wert, Rückschein und unterfrankiert. :D


    ...und natürlich noch der Kanonenkugelversand :D

    + Gruß !

    vom Pälzer :thumbup:

  • Hallo zusammen,

    auch wenn der anbei abgebildete Feldpostbeleg- leider - ohne Inhalt daherkommt, so gibt es hinsichtlich des historischen Hintergrundes doch einiges Interessantes zu berichten. Das nach kurzem Gefecht am 14.09.1870 von badischen Truppen besetzte Colmar, war kurz danach zur offenen Stadt erklärt worden, wo auch deutsche Truppen Quartier bezogen. Von Normalität konnte indessen noch lange nicht die Rede sein. So findet man im Beiheft zum Amtsblatt der Deutschen Reichspostverwaltung No.3 vom Februar 1873 folgenden Beitrag zur Organsisation des Deutschen Postwesens im Elsaß:

    Erhebliche Schwierigkeiten waren bei der Einrichtung der Postanstalten im südlichen Theile
    des Elsaß zu überwinden. Noch vor Abschluss der Capitulation von
    Schlettstadt hatte die Ober-Postdirektion
    (Anm.: eröffent am 01.10.1870 in Strasbourg) versucht,
    mit Umgehung dieser Festung zunächst in Colmar und in Mühlhausen Deutsche Posteinrichtungen
    zu schaffen. Die letzteren beiden Orte sollten, so lange die Communication
    im Elsaß selbst nach dem Norden zu abgeschnitten war, über den Rhein mit der
    Badischen Eisenbahn Basel-Heidelberg in Verbindung gesetzt werden.

    In Colmar gelangte dieser Plan auch zur Ausführung. Noch 4 Tage vor der Übergabe von Schlettstadt
    (Anm.: d.h. am 20.10.1870) ward der Postbetrieb in Colmar durch Deutsche Beamte eröffnet.
    Allerdings war die Lage dieses vorgeschobenen Postens für den ersten Augenblick eine gefahrvolle.
    Den Beamten wurde u.A. am 23. October 1870 von dem Commandanten der aus
    nur 500 Mann bestehenden Deutschen Besatzung der Sammelplatz des Militärs mitgetheilt,
    um sich dorthin bei etwaigen Überfällen durch die in den benachbarten Vogesen
    verborgenen Franktireurs und die ausnahmslos feindselig gesinnte
    Einwohnerschaft zurückziehen zu können.

    Wie gefahrdrohend übrigens auch in anderen Orten des Elsaß die Haltung der Bevölkerung war,
    bewiesen die von den Postanstalten in dieser Zeit fast täglich
    berichteten Fälle von Angriffen auf Deutsche Beamte,
    muthwillige Beschädigungen der Posthausschilder, Briefkästen u.
    Überfälle gegen die von ihren Bestelltouren heimkehrenden
    Landbriefträger gehörten nicht zu den Seltenheiten (...)

    Auch die inneren Betriebsverhältnisse des Postamtes in Colmar
    waren bei dem Umstande, dass alle früheren Französischen
    Beamten und Unterbeamten den Eintritt in den Deutschen Postdienst abgelehnt hatten,
    sehr erschwert. Gleichwohl wurde auch in Colmar vom Tage der
    Eröffnung an ein geregelter Postannahme- und Bestelldienst ins Werk gesetzt.

    Eine erste tägliche Postverbindung wurde über den Rhein hinweg nach Baden zum Bahnhof von Riegel am Kaiserstuhl eingerichtet, für die Landes-Korrespondenz wurde die Etappenstraße der Feldpost über Ensisheim Richtung Belfort benutzt. Allerdings war dies weiterhin mit großen Gefahren verbunden. Als in Colmar stationierten Truppen des Generalmajors von Treschkow (1. Reserve Division im Korps Werder) am 30.10.1870 zur Belagerung der weiter südlich gelegenen Festung Belfort aufbrachen, erhielten sie schon wenige Ortschaften weiter heftige Gegenwehr durch Franktireurs.

    Während sich nach Süden hin die Lage erst gegen Ende des Jahres 1870 beruhige war am 20.11.1870 schon der reguläre Eisenbahndienst zwischen Strasbourg und Colmar betriebsfähig. Der auf dem Beleg verwendete K2-Zweikreis-Rundstempel Colmar 66 (23 mm / Antiqua) wurde nach den mir bisher vorliegenden Informationen bis um den 15.11.1870 verwendet (hier jetzt nachweislich bis 17.11.1870), die Einführung des NDB K1-Einkreisers (24 mm / Grotesk) soll gegen den 21.12.1870 erfolgt sein. Über den Absender, ein Hauptmann Nagel ließ sich bisher leider noch nichts finden.


    + Gruß

    vom Pälzer

    verwendete Quellen:
    https://www.tourisme-colmar.com/de/historische…es-reichslandes
    https://books.google.de/books?id=CEipA…%201870&f=false
    https://de.wikipedia.org/wiki/XIV._Arme…hes_Kaiserreich)
    Scheibert, J. Der Krieg 1870/71, Berlin 1903, Abb. S.201
    Steinbeck, J., Der Krieg von 1870/71 - Belfort, Dijon, Pontarlier, München 1901, S.34
    Amtsblatt der Deutschen Reichspostverwaltung No.3 vom Februar 1873, S.380f.

  • Hallo Pälzer,

    eindrucksvoller Beleg mit 2 Tage nach hinten verschiebendem Datum - klasse!

    Der Hauptmann Nagel muss ja kein Bayern gewesen sein, nur weil er in die Pfalz schrieb. Vlt. war es ein Badener? Der gute 1870/71 kann vlt. weiter helfen, hoffe ich.

    Höchst interessante Story außen herum sowieso. :P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Tim,

    zu deinem Brief kann ich dir folgende Angaben machen:

    - Der franz. Zweikreiser Colmar (F3s) wurde lt. meiner Kartei vom 20.10. bis 20.11.1870 verwendet
    und am 21.11.1870 von einem deutschen Einkreiser (D7s Höhe 2,95 mm) abgelöst.

    - Die preuß. Rang- u. Quartierliste 70/71 führt keinen Hauptmann Nagel.

    - Lt. bayer. Militärhandbuch 1873 gab es einen Hauptmann Fr. Nagel beim 1. Pionier-Btl. (Garnison Ingolstadt)
    Die 1. Kompagnie des 2. Pionier-Btl. hatte ihren Friedensstandort in Landau.


    Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Hauptmann Nagel 1870 beim 1. Pionier-Btl. war.

    Vielleicht hast du Zugang zu den bayerischen Offiziersranglisten der Jahre 1870/71?

    Gruß

    1870/71

  • Hallo 1870/1,

    besten Dank für die Stempelanalyse, ich dachte mir schon so ein bischen, dass die mir zur Verfügung stehenden Quellen nicht immer die perfektesten sind und das eher über Expertenwissen aufklärbar ist.

    Das mit einem evtl. bayerischen Hptm. versuche ich mal über`s Kriegstagebuch abzuklären, wo die Landauer Pio`s da im November 1870 unterwegs waren. Vielleicht haben die zur Unterstützung über Colmar Belagerungsmaterial nach Belfort - o.ä. - geschafft, mal sehen.

    Vielleicht hast du Zugang zu den bayerischen Offiziersranglisten der Jahre 1870/71?


    Irgendwo hab`ich da in der Tat was gesehen, ich muss da mal im www nachwühlen gehen.


    Dank + Gruß !

    vom Pälzer :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Sammlerfreunde,
    die Ortsangabe -Toul- bei dieser Karte vom 1.November 1870 lässt mich glauben,
    eine schwache -20- im Feldpoststempel erkennen zu lassen. Mit starkem Mittelknick,
    schwachem Stempel und gar fehlenden Ecken wird dies nicht mein schönster Beleg,
    aber doch der erste ins russische Gouvernement Polen.
    Der Empfänger in Warschau konnte für 10 Kopeken die Karte in Empfang nehmen,
    innerrussische Gebühren waren sicherlich niedriger.
    Beste Grüße
    bayernalbi

  • Hallo Bayernalbi,

    mit deiner Atombombe nach Russland kommt mein kleines Kärtchen nicht konkurrieren, aber ich fand es trotzdem hübsch, nett und in einer Hinsicht sonderbar.

    Oberleutnant von Goes (die Familienkorrespondenz in Augsburg blieb erhalten - Gott-sei-Dank!) sandte und schrieb am 2.9.1870 eine Feldpostkarte an Herrn Carl Schreiner, Kaufmann in Augsburg, abzugeben bei J. von Kiesow (dessen Korrespondenz ebenfalls gottlob erhalten blieb).

    Stempelmäßig sehen wir den HKS der bayer. Feldpost vom 2.9., den Transitstempel Münchens vom 9.9. 09.00 bis 10.00 Uhr und den Ankunftsstempel vom Augsburger Bahnhof vom 9.9. um 13.00 Uhr. Offenbar, und das wundert mich etwas, wurde die Karte erst nach München, dann nach Augsburg geleitet. Das kenne ich nur von Belegen aus dem Krieg über die Schweiz, die in Frankreich verpackt via die Schweiz nach München kamen und dort dekartiert wurden. Ob das auch hier der Fall war, kann ich kaum glauben.

    Text: Remich d. 2. Sept. (ein Ort in Luxemburg?) 3. (Karte)

    Bei dem Zurückbringen schickte uns d. Feind nach 1/2 Dutzend Granaten u. einige Flintenkugeln nach, doch ohne zu treffen. 6 - 7 Gefang(ene) wurden auch gemacht, ein Off(izier) niedergestreckt. Der Angriff unseres Regiments muste die Wegnahme von Bezeilles entschieden haben, welches vorherrschend von Marineinfanteristen vertheidigt, aber nun ???; überal Leichen u. brennende Häuser; ich u. Ob(erleutnant) Thiereck vom 3. Rgt. übergeben nun unsere Gefangenen u. unser Geschütz, meldeten uns bei General Tann u. empfingen überall Glückwünsche. Nach einer 1 1/2 Stündigen Rast litt er mich jedoch nimmer, und Hauptmann Stebay u. Oberleutnant Thiereck ging ich wieder durch Bezeilles vor, dessen Einwohner auf uns feuerten. Vom 3. Regiment abgekommen schloß ich mich einer vorrückenden Abtheilung d. 15. Regimens an; bald war ich wieder im Granat- u. Kleingewehrfeuer; in einem Seitenweg einbiegend wurden wir plötzlich von Franzosen überfallen, die mit hurrah auf uns eindrangen.

    Ich vermute, der Herr Oberleutnant von Goes meint mit Remich nicht den Ort in Lusemburg, sondern Remy unweit von Sedan.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_von_Sedan

    Am Tag der Karten, dem 2.9.1870, war die Sedanschlacht und wurde bis 1919 mit dem sog. Sedantag gefeiert.

    Ich freue mich sehr, auch wenn das damalige Ereignis sehr traurig war, eine Karte vom Sedantag zeigen zu können.

  • Hallo bk,

    mit deiner Atombombe nach Russland...


    ...naja, Deine FePoka hier ist jetzt aber auch nicht ohne, denn sie kam ziemlich direkt aus dem Kampfgebiet - zwar nicht um...

    ...Bezeilles...


    ...aber Bazeilles:


    https://de.wikipedia.org/wiki/Kampf_um_Bazeilles


    Remich in Luxembourg war nicht der Ort wo die FePoka verfasst wurde, das war das französische Remilly (heute Remilly-Allicourt) links der Maas, wo Teile des 1. Königlich Bayerischen Armeekorps am 1. September 1870 die Maas nach Bazeilles überschritten. Dort stießen sie auf heftigen Widerstand, sogar auch der Einwohner.

    Es entwickelte sich u.a. mit französischer Marineinfanterie (der sog. Blauen Division) am Anfang der Schlacht von Sedan ein Vorhutgefecht, das für die Bayern sehr verlustreich war. Alles weitere kann man dann aus dem o.a. wiki-Beitrag erfahren, z.T. auch hier:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_von_Sedan

    Mit anderen Worten: Hammer-FePoka !


    + Gruß !

    vom Pälzer :P

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

    5 Mal editiert, zuletzt von Pälzer (30. September 2016 um 13:55)

  • Hallo Pälzer,

    wow - super Antwort und den Ort in Frankreich korrigiert - klasse, jetzt kann er einsortiert werden. Vielen Dank!

    (Aber gegen meinen Böller ist der von Bayernalbi eine H-Bombe, wenngleich ich froh bin, dieses Datum endlich abhandeln zu können).

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ... das ist allerdings wahr! Aber beim Böller kommt es ja auf die Größe nicht an. :D

    Perfekt wäre es ein Pendant von einem französischen Soldaten aus Sedan in seine Heimat zeigen zu können.

    Aufruf: Wer solch ein Stück hat, darf sich gerne bei mir melden. :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ... So ist es - und jetzt sind unsere Franzosen hier gefragt. :P:P:P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.