Der deutsch-französische Krieg 1870/71

  • Guten Morgen Harald,

    das ist der klassische Treffer ins Schwarze, besten Dank dafür, dann ist die Geschichte jetzt absolut rund. Man muss sich dazu ja noch vergegenwärtigen, dass es schon am Vortag der Briefaufgabe, dem 2. August zu einem ersten Gefecht bei Saarbrücken mit Beschuss und kurzer Besetzung der Stadt durch französische Truppen des 2. Armeekorps (General Frossard), am gleichen Tag auch zum Beschuss von Völklingen gekommen ist.

    Das ist natürlich wie ein Blitz durch die deutsche Presse gefahren.

    Die adressierte, auch nicht unweit der Grenze liegende Stadt Pirmasens war akut durch das in der Festung von Bitche liegende französische 5. Armeekorps (General Failly) bedroht. Dass das Überraschungsmoment letztendlich auf der anderen Seite gelegen hat, hat der gute Kaufmann Louis Diether im schwäbischen Ulm sicherlich nicht erahnen, aber schon wenige Zeit später seine Kommissionärsgeschäfte mit Walz & Kopp gedeihlich weiterführen können.

    Schönen Gruß + Feiertag :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Guten Abend liebe Sammlerfreunde,

    manchmal bedarf es nicht zwingend des Inhalts eines Briefes, um ihn in den korrekten geschichtlichen Kontext zu stellen. So einer nun anbei. Absender war der Landwehr-Unteroffizier Koch des Hannoverschen Pionier-Bataillons No.10 (Stammgarnison Minden an der Weser). Es erhielt am 16. Juli 1870 um 4.30 Uhr früh den telegraphischen Mobilmachungsbefehl und war dem X. Armeecorps (Voigts-Rhetz) unterstellt. Das Corps war nach seiner Einschiffung in Bingen über die Nordpfalz nach Saarbrücken und dort dann über die Grenze gegangen. Wie kann es dann überhaupt dazu gekommen sein, dass der Brief hier in Ludwigshafen a.Rh. aufgegeben worden ist ?

    Eine geradezu minutiöse Bataillonsgeschichte vermittelt erfreulicherweise den genauen Hergang der Dinge: Als Kriegsformation waren aufzustellen: 3 Feld-Pionier-Compagnien (600 Mann), 3 Festungs-Pionier-Compagnien (600 Mann), 1 Ersatz-Compagnie (264 Mann), 1 Ponton-Begleitkolonne (61 Mann), eine Ponton-Kolonne, eine Schanzzeug-Kolonne, 1 Feld-Brückentrain. Die 2. Festungs-(Sappeur)-Compagnie der 10er Pioniere wurde mit bis zum Jahrgang 1854 zurückreichenden Mannschaften auf volle Stärke gebracht.

    Sie war erst am 14. August marschbereit mit 3 Offizieren, 1 Assistenz-Arzt, 17 Unteroffizieren, 3 Hornisten, 12 Pionieren, 54 Sappeuren, 117 Mineuren und erhielt am 17. August den Befehl zum Ausmarsch in den bereits in Aufstellung befindlichen Belagerungsgürtel um Strasbourg (siehe Abbildung anbei). Kommandeur war der von der 2. Ingenieur-Inspection / Spandau abberufene Hauptmann Mentzel. Die Ausschiffung mit der Eisenbahn erfolgte am 18. August ab 3.30 Uhr über Hamm, Köln, Bingerbrück nach Ludwigshafen a.Rh., wo man am 19. August um 11 Uhr nachmittags ankam. Wenige Stunden später erfolgte hier dann die Briefaufgabe.

    Die Weiterfahrt erfolgte am 20. August über Schifferstadt, Winden, Weißenburg, Sulz, Haguenau, Bischwiller nach Vendenheim. Dort ging es um 16 Uhr nachmittags ins Kantonnement. Am 23. ging ein Zug der Compagnie bis auf 700 m gegen die Festung Strasbourg vor, um dort die Schützen der Deckungstruppen einzugraben. Hier erfolgte die Feuertaufe durch Granatfeuer der französischen Verteidiger, die Arbeiten konnten jedoch ohne Verluste bis um 3 Uhr morgens abgeschlossen werden. Bis zur Kapitulation von Strasbourg war die Compagnie fast jeden Tag abteilungsweise unter feindlichem Feuer beschäftigt gewesen, hatte aber nur 2 Mann verloren und lediglich Leichtverwundete.

    Danach war sie bei der Belagerung von Schlettstadt (16.10 - 11.11.1870) und schließlich bei der Belagerung von Belfort (ab 20.11.1870) beteiligt, wo beim ersten Ingenieur-Angriff auf das Fort Basses-Perches (26.01.1871) schwere Verluste zu beklagen waren. Erst am 5. Juli 1871 wurde die Einheit wieder in ihre Stammgarnison nach Minden zurückkommandiert. Der an den Herrn Pastor Conrad Ruf, Hochwürden in Krusemark (ca. 90 km nördlich von Magdeburg) adressierte Brief hat, so wie das ausschaut, wohl noch einen halben Groschen Botengeld gekostet, das auf dem ca. 8,5 km langen Weg von Goldbeck angefallen ist. Wer eine andere Erklärung für das 1/2 Rötel hat, immer gerne her damit.

    Schönen Gruß

    vom Pälzer

  • Hallo Tim,

    wie immer bei dir: "Geschichte live".

    Hinten 1/2 Groschen Landbestellgeld - sieht man auch nicht jeden Tag.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.