Ganzsachen - Kreuzerzeit

  • Liebe Freunde,

    und heute wieder eine Postkarte, bei der der Wertstempel 2 Kr. unberührt blieb, weil die Vorschrift zur Abstempelung erst später kam: Edenkoben 8.5.1873 nach Rippoldsau in Baden (Dt. Reich) gefällt mir in violett auch ganz gut ...

  • Liebe Freunde,

    eine 2 Kreuzer Ganzsache aus Zweibrücken vom 23.2.1873 war wertstempelmäßig jungfräulich zu belassen, auch wenn es den Zweibrücker Expeditor sicher in den Fingern gejuckt hat ...

    Nett auch der Text, den ich hier vorstellen möchte:

    Herrn Joseph Heiß, Käsehandlung, Obergünzburg, Schwaben

    Ich kann nicht begreifen warum ich bestellten Käs nicht empfange da ich Ihnen doch geschrieben daß ich dem Ihren Herrn Reisenden bestellten Rahmkäs nebst Proben anderer Käse sehr nöthig habe, und bitte Sie um gefl(issentliche) umgehende Zusendung. Ich habe mich darauf verlassen, daß ich den Käs umgehend erhalte, habe deßhalb bei meinem früheren Haus keinen bestellt und mir schon 8 Tagen ausgegangen.

    Achtungsvoll
    Besenbruch

    Vlt. kann uns der größte Kenner der Zweibrücker Postgeschichte etwas zu dem armen Käseliebhaber und Händler sagen?

  • Lieber Ralph,
    der gute Besenbruch war ja doch schon fast ein halber Franzos, da kann man den Käsenotstand schon verstehen. :D
    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Lieber Peter,

    ist es nicht schön als heutiger Käseliebhaber (ich meine jetzt nicht die Politik unserer Regierung) zu sehen, dass die Leute damals auch schon ihren bayerischen (oder französische, oder Schweizerischen) Käse liebten? Auf alles könnte ich verzichten, aber auf Käse sicher nicht! ;)

    Hier eine 2 Kreuzer Postkarte von Würzburg Bahnhof, 13.5.1873, nach Frankfurt am Main. Man hatte hochwertiges Futter bestellt, aber anhand der Factura (Rechnung) feststellen müssen, dass nur minderwertige Ware geliefert worden war und der Unterfranke bittet den Hessen um Umtausch. So konnte es kommen!

  • Hallo Freunde hier im Forum,
    anbei Bilder einer P4 aus Speyer die ich bei einem Sammlerfreund entdeckte.
    Die Karte stammt vom 29.04.1875 und lief von Speyer nach Bamberg.
    Peter Sem gibt als Ersttag der P4 Mai 1875 an.
    Offensichtlich waren in Speyer als Sitz einer Oberpostdirektion die P4 Karten schon recht früh verfügbar.

    Hat hier jemand genauere Daten bzw. Informationen?
    Welche "Frühverwendungen" sind Euch bekannt?

  • Hallo,

    wird schwierig sein, hier noch frühere Daten zu finden - Glückwunsch.

    Kleine Korrektur: Speyer hatte ein Oberpostamt (OPA), keine Oberpostdirektion (OPD) - die gab es erst ab 1906 oder 1907, also nicht mehr meine Zeit.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Ein paar nette Umschläge wurden hier gezeigt mit unterschiedlichen Aufgabestempeln verschiedener Art, das kann ich mit einem Zweizeilensempel von Lindau ergänzen. Meinen Umschlag habe ich als Michel U 1 / K2 bestimmt, denn das innere Posthorn des rückseitigen Klappenstempels scheint der zweiten Variante anzugehören. Leider habe ich keine Möglichkeit, das zu fotografieren, mir bleibt dafür daher nur der Scanner und die Farbveränderung. Der Brief lief am 22.9.1869 von Lindau nach Laupheim, wo er am 25.9. einen Ankunftstempel erhielt.

    Viele Grüße
    Ingo

  • Hallo Zusammen,

    zunächst vielen Dank Ralph für Deine kleine Korrektur.
    Inzwischen habe zur "Erstausgabe" der P4 folgende Infos von einem Ganzsachen Experten bekommen:

    Die Postverwaltung der damaligen Zeit lieferte die Postkarten nur auf Anforderung der jeweiligen
    Postämter und Postexpeditionen. Diese bestellten aber erst nach
    Aufbrauch der vorhandenen Bestände (P1+P2), da die „alten“ nach wie vor gültig
    waren. Es ist vorstellbar, dass an verschiedenen Postorten die P3 und P4
    nie zum Verkauf an die Schalter kamen.
    Somit gab es keinen allgemeingültigen Ersttag wie wir es von Briefmarken kennen.

    Es liegen aus dem April 1875 bisher 3 bekannte Verwendungsdaten von unterschiedlichen Städten vor.

    Sicher schlummert hier in vielen Sammlungen noch einiges unentdecktes...

    Viele Grüße!

  • Hallo Pälzer,

    danke für deine erweiternde Feststellungen - puh, da wird noch viel zu sichten sein, bis man da fixe Aussagen wird treffen können und wenn es hier und da solche Verwendungen gar nicht erst gibt, wundert mich das auch nicht.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Pfälzer82,

    es ist das gleiche Problem wie bei den Ganzsachen der Pfennigzeit: lediglich von P7 und P8 ist ein Ersttag bekannt, nämlich zwangsläufig der 1.1.76 wegen der Währungsumstellung. Von P6, P14 und P18 ermittle ich seit Jahren Frühdaten und kann zwar eine Eingrenzung der Erstverwendungen angeben, aber kein definitives Datum. Die Angaben in den Katalogen stimmen sowieso nicht. Leider sind die bayer. Ganzsachen offenbar zu uninteressant, um sie genauer zu erforschen, schade eigentlich. Ein gutes Beispiel dafür sind auch die Farben: während bei den Marken eine recht weitgehende Auffächerung des Farbenspektrums in den letzten Jahren stattgefunden hat, tut sich bei den Ganzsachen da gar nichts, obwohl auch da eklatante Farb- und Druckunterschiede zu beobachten sind.

    weite Welle

  • Liebe Freunde,

    noch etwas Lustiges aus gar nicht mal so lange vergangener Zeit ...

    U3 Bayerns, 1875 im Einsatz, ungebraucht geblieben, auch nicht umgetauscht (oder stammt sie aus Umtauschbeständen?), als Kuvert bedarfsgerecht gebraucht als Ortsbrief innerhalb Münchens vom 25.5.1927, dann aber retourniert und in den Akten verschwunden, bis sie eben auftauchte.

    Es zeigt aber sehr wohl, dass diese Kuverts, die 1875 gestempelt gar nicht so häufig sind, damals wohl weniger als 1 Pfg. kosteten, denn normale, gummierte Kuverts kosteten 1 Pfg. und genau jenen konnte man sich sparen, wenn man noch so ein altes Stück besaß.

  • Hallo Sammlerfreunde,

    der Anbieter hat in seinem Angebot geschrieben: "schlechte Erhaltung, lediglich als Platzhalter zu gebrauchen". Damit liegt er nicht ganz richtig, denn der Platzhalter wird vermutlich auf ewig dort bleiben müssen.

    Aber was haben wir hier überhaupt?

    Großteil eines amtlichen Streifbandes S1 mit Zusatzfankatur von 2x Nr. 22 von Würzburg nach Jena vom 28.5.1874 oder 1875.

    Vielleicht kann ein Würzburg-Sammler nähere Angaben zum Verwendungsjahr machen?

    Das VerwendungsJahr wäre hinsichtlich des zur Anwendung gekommenen Francos sehr hilfreich.

    1874 war für eine frankierte Drucksache in das Gebiet des Deutschen Reichs je 50 Gramm 1 Kreuzer fällig, was hier die 3. Gewichtsstufe von 100 - 150 Gramm bedeuten würde.

    Im Jahr 1875 war es möglich Drucksachen über 50 - 250 Gramm (2. Gewichtsstufe) für 3 Kreuzer zu verschicken.

    Aber egal welches Jahr letztendlich in Frage kommt, ein gebrauchtes Streifband mit Zusatzfrankatur aus der Kreuzerzeit wird sich so schnell nicht mehr finden lassen.

    Gruß

    bayernjäger

  • ... das schäppe Ding hatte ich auch gesehen und Dreierstreifen der schwarzen Eins auf Brief sind zigfach häufiger, als das hier.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    wenn man, wie ich, in unregelmäßigen Abständen gebeten wird, mal wieder für den phil. Arbeitskreis Pfalz (AKP) einen Vortrag zu halten, besinnt man sich auf Belege, die man kaum einmal gesehen hat bzw. die Besonderheiten aufweisen, deren Vortrag dann die Teilnehmer (hoffentlich) ein bischen fesselt.

    Eine 1 Kreuzer Ortspostkarte hat zwar seit ihrer Emission wohl noch keinen richtig gefesselt, aber ich habe dergleichen, von den üblichen Verdächtigen wie München, Nürnberg und Augsburg, nicht oft gesehen, von der Pfalz meldet mein Gedächtnis sogar Fehlanzeige, so dass ich bei dem hervorragenden Shop von Heiner Zinoni zuschlagen musste, als es ein optisch sehr ordentliches Stück für 3 BP$ im Angebot gab.

    Ich schätze, dass man in der eher beschaulichen Pfalz ohne wirkliche Großstädte Nachrichten, deren Weiterleitung woanders mit einem Kreuzer zu bezahlen gewesen wären, einfach selbst verbal überbrachte und sich das Geld sparte (die Pfalz war auch nicht sonderlich reich). So schätze ich das Verhältnis von üblichen 2 Kreuzer Fernpostkarten zu 1 Kreuzer Ortspostkarten (1 Kreuzer Drucksachenkarten gibt es schon mal hier und da!) auf sicher 10k zu 1.

    In Ludwigshafen am Rhein sandte man am 27.7.1875 eine Ortspostkarte an "die Actienbrauerei, Hier" mit dem nüchternen Text: "Das leere Fäßchen kann abgeholt werden. Rittner, Waggonfabrik". Der Datumsvermerk 29.7.1875 dürfte das Datum der Abholung des Fäßchens darstellen.

    Den Sitz der Actienbrauerei Ludwigshafen, gegründet 1861 übrigens von Georg Pschorr aus München (!), dem Bürgermeister von Ludwigshafen und dem Industriellen Giulini (Chemiewerk) habe ich nicht heraus bekommen.

    Die Waggonfabrik wurde 1867 gegründet und residierte zwischen der Jägerstr. und der Oggersheimer Landstr. in Ludwigshafen. Es wäre interessant zu wissen, wie weit die beiden Fabriken entfernt lagen ...

  • Lieber Ralph,

    auch von mir herzlichen Glückwunsch zu der - auch von der Qualität her - sehr schönen Postkarte.

    Ich sehe keine Knicke, Eselsohren, Tintenfelcke usw.

    Es müsste sich nach dem Sem-Katalog dann um die P2 handeln. Preislich liegen ja zwischen der P1 = 2 Kr. und der P2 = 1 Kr. Welten. Und dann das ganze noch aus der Pfalz - Klasse.

    Viele Grüße

    bayern-kreuzer

  • Es wäre interessant zu wissen, wie weit die beiden Fabriken entfernt lagen ...

    Lieber bayern klassisch,

    unglaublich, was alles unter google books zu finden ist :) und ich hoffe, meine Recherche ist richtig :?:

    Da ich mich in Ludwigshafen nicht auskenne und die Karte von 1876 nicht mit dem heutigen Stadtbild gar nie nicht übereinstimmt, müsste ein Einheimischer mal nachrechnen. Mehr als 1 Km vermute ich nicht

    von der Kaiser-Wilhelm-Straße wo die Actienbrauerei war (XV) zur Waggonfabrik, Remi Rittner (leider keine Straßenbezeichnung angegeben - VIII).

    Beste Grüße von Luitpold

  • Lieber Wolfgang,

    du hast gute Augen - die Karte ist absolut makellos, auch nicht so häufig ...

    Lieber Werner,

    klasse - in Anbetracht der Tatsache, dass ich in LU aufgewachsen bin, dürfte die Entfernung ca. 500m betragen haben - wow, da hätte ich jetzt schon eine weitere Entfernung erwartet und keinen Fußmarsch von 3 Minuten, wenn man nicht gerade Polyneuropathie hat ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.