Russland - Österreich - Frankreich

  • Hallo,

    nach dem Postvertrag Russland-Österreich von 1866 betrug das Porto für unfrankierte Briefe bis zur Postvereinsgrenze zu Frankreich 30 Neukreuzer.
    Mir ist aufgefallen, dass bei den Briefen bis 1868 immer 30 Neukreuzer in schwarz taxiert wurde und ab 1868 immer 15 Neukreuzer in blau angeschrieben wurden. Was war hierfür der Grund?
    30 Neukreuzer in schwarz war das Porto für Russland und Österreich, das geteilt wurde. 15 Neukreuzer in blau war der russische Anteil?
    Frankreich war dies egal, denn sie taxierten immer mit 10 Decimes.

    Grüsse von liball

  • Hallo Karl,

    so ähnlich habe ich das auch schon festgestellt - vlt.hing es mit dem Ende des DÖPV zusammen? Danach waren die Transitverhältnisse ja andere, als zuvor.

    Wenn es Zeit gibt (derzeit habe ich die große Weihnachtskatze auf dem Bauch), kann ich mal nachschauen, ob ich dazu auch etwas zeigen kann.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Karl,

    habe mehrere Alben abgesucht, aber nur 3 Briefe gefunden, obwohl ich mir sicher bin, das ein oder andere Stück mehr zu besitzen, aber bei 41 Sammlungen wird bei mir den Überblick zu behalten immer schwieriger.

    Ich zeige 3 Briefe von Odessa nach Marseille an zwei verschiedene Firmen dort. In der Chronologie darf ich vorstellen:

    1. Brief

    Firma Kousmin & Hessen aus Odessa vom 5.6.1869 (17.6.1869) porto an Auguste Savine fils in Marseille. Russland taxierte hier nichts. Laut van der Linden soll der A. - Stempel von Kustendje stammen, aber da bin ich mir nicht sicher, weil er angibt, dass er auf Briefe aus dem Osmanischen Reich kommen sollte, die ich auch mit diesem Stempel kenne.

    Österreichische Stempel vermisse ich. Vorne nur AUTR - STRASBOURG 3 von Paris vom 24.6., siegelseitig der Pariser Ortsstempel vom selben Tag und der Ankunftsstempel aus Marseille vom Folgetag. Österreich hatte sicher 15 Neukreuzer taxiert und Paris ebenso sicher 10 Decimes Gesamtporto.

    2. Brief

    Firma M. Wurhaft & Co aus Odessa vom 14.1.1870 (26.1.1870) porto an J. K. Reymonet in Marseille. Hier sehen wir den selben A. - Stempel, jedoch siegelseitig einen Wiener Transitstempel vom 31.1.. Österreich taxierte ihn wieder mit 15 Neukreuzern, aber Frankreich sah ihn als Doppelbrief an und taxierte mit 20 Decimes in Paris. Leitung wieder über Strasbourg - Paris am 3.2. und Ankunft in Marseille am Folgetag.

    Ungewöhnlich finde ich die Rötel - 2 oben links, die ich von Frankreich so nicht kenne im 19. Jahrhundert, die ich aber sonst nicht lokalisieren kann.

    3. Brief

    Firma Giuseppe Bandich aus Odessa vom 13.7.1870 (25.7.1870, also der Kriegszeit Deutschlands mit Frankreich nach der Kriegserklärung vom 19.7.1870) an Auguste Lavine fils in Marseille, jetzt mit Leitvermerk "Via Vienne - Milan" kriegsbedingt und demnach nicht wie zuvor über Wien, Bayern, Württemberg und Baden nach Frankreich.

    Vorne mit dem bekannten A. - Stempel, jetzt aber zusätzlich PORTO. Erst taxiert mit 15 Neukreuzern, diese später gestrichen und 30 Neukreuzer notiert, welche von Frankreich aber ignoriert wurden und nur 11 Decimes Gesamtporto angeschrieben wurde.

    Siegelseitig 2 mal ein russischer Stempel vom 17.7. (29.7.), den ich leider nicht zuordnen kann und 2 mal derselbe Wiener Stempel vom 1.8.. Den vorderseitigen roten französischen Grenzübergangsstempe/Vertragsstempel kann ich leider nicht deuten, er sollte aber vom 4.8. sein, da am Folgetag Marseille Eingang stempelte.

    Genauere Angaben zu den Taxen, der Leitung und dem allgemeinen Procedere aus der Kriegszeit 1870/71 von Briefen aus Russland nach Frankreich würden mich sehr interessieren.

  • Hallo, Ralph,

    zu deinem 2. Brief passen die beiden angehängten Briefe der 2. Gewichtsstufe, die ebenfalls links oben eine 2 haben, einmal von Frankreich geschrieben mit schwarzer Tinte und einmal von Österreich mit blauer Farbe. Bei diesem Brief hat auch Österreich mit 30 Neukreuzer in der 2. Gewichtsstufe taxiert.

    Der 3. Brief wurde am 21.7.1870 (2.8.1870) in Odessa geschrieben. Er stammt daher wie dein 3. Brief aus der Kriegszeit Deutschland mit Frankreich. Während dein Brief auf der Rückseite etliche russische Stempel aufweist, wobei ich nur den rechten oberen als Bahnpoststempel der Eisenbahn St. Petersburg-Warschau identifizieren kann, sind auf meinem Brief lediglich der Wiener Stempel und der Ankunftsstempel aus Marseille.
    Mein Brief war in 4 Tagen (6.8.) in Wien und in weiteren 4 Tagen (10.8.) in Marseille.
    Dein Brief benötigte bis Wien 7 Tage (1.8.) und 4 Tage (5.6.) bis Marseille.
    Es sieht so aus, dass beide Briefe ab Wien gelaufen sind wie immer. Wie dein Brief ab Odessa bis Wien gelaufen ist, keine Ahnung, Vielleicht kann Michael hierzu mehr sagen. Erstaunlich ist auch, dass bei beiden Briefen in Frankreich 11 Decimes als Porto angesetzt wurden, obwohl bei einfachen Briefen aus Österreich ansonsten immer nur 10 Decimes fällig wurden. 11 Decimes wurden eigentlich nur fällig, wenn die Briefe über Preußen nach Frankreich gelangten.

    Grüße von liball

  • Hallo Karl,

    auch schöne Stücke - ich kann mir die 11 Decimes nicht erklären; möglich wäre, dass man für einen Schweiz - Transit 1 Decime draufgeschlagen hat während des Krieges als Kriegsumleitung. Aber das ist nur geraten. In preussischen/alternativen Briefepaketen dürfte die Briefe nicht gelandet sein. Ich meine mich erinnern zu können, dass Bayern intern diese öster. Briefepakete durch die Schweiz routete, ohne dafür etwas zu verlangen.

    Ansonsten müssen wir auf unsere Preussen- bzw. Russland- oder Frankreich - Spezis hoffen, um dahinter zu kommen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,

    Zitat

    Laut van der Linden soll der A. - Stempel von Kustendje stammen, aber da bin ich mir nicht sicher,


    Dieser A.-Stempel stammt mit Sicheheit aus Wien, wie auch Karls Briefe belegen.

    Zitat

    Mein Brief war in 4 Tagen (6.8.) in Wien und in weiteren 4 Tagen (10.8.) in Marseille.
    Dein Brief benötigte bis Wien 7 Tage (1.8.) und 4 Tage (5.6.) bis Marseille.
    Es sieht so aus, dass beide Briefe ab Wien gelaufen sind wie immer. Wie dein Brief ab Odessa bis Wien gelaufen ist, keine Ahnung,


    Wien hatte mit Odessa schon lange einen direkten Kartenschluss, der mehrmals die Woche alternierend auf (mind.) zwei unterschiedlichen Leitwegen (die dann aber beide bei Czernowitz die Grenze überschritten) bedient wurde. Die unterschiedlichen Laufzeiten Odessa-Wien waren mir auch schon aufgefallen, diese gibt es in den verschiedensten Jahren. Im Moment vermute ich einen Zusammenhang mit diesen unterschiedlichen Leitwegen. Wenn ich mal ausreichend Zeit finde, werde ich die Belege auswerten und schauen, ob man eine Systematik findet (nach dem Motto: Abgang Odessa Mittwochs und Samstags = längere Laufzeit, o.ä.)

    Der Brief nach Marseille mit den russischen Bahnpoststempeln müsste eigentlich eine Fehlleitung sein. Aus Odessa über Warschau nach Wien habe ich zuvor noch nie gesehen. Von daher: interessant!

    Gruß
    Michael

  • Lieber Michael,

    vielen Dank für deine Erläuterungen - sehr interessant und wir werden ein Auge darauf halten. Das mit der Fehlleitung 1870 mit der Bahnpost wusste ich nicht. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,

    ich zeige hier 2 Briefe vom Oktober 1871 nach Frankreich, die in Russland mit 24 Kopeken bzw. mit 28 Kopeken frankiert wurden.

    Mich würde interessieren, welche Frankatur richtig ist.

    Lt. Kupec betrug das Franco bei Briefen über Preußen nach Russland 28 Kopeken und bei Briefen über Österreich 34 Kopeken. Den preußischen Leitweg kann ich nicht nachvollziehen, da ich keine derartigen Briefe habe. Die Frankatur des österreichische Leitweges ist meines Erachtens nicht richtig.

    Maßgebend für diese Briefe sind die Postverträge Österreich-Russland von 1866 und Österreich-Frankreich von 1857.

    Nach Art. 10 II des PV mit Russland betrug das gemeinschaftliche Porto 20 Nkr. = 14 Kopeken. Nach dem PV mit Frankreich vergütete Österreich 7 Kr. C.M. = 14 Ngr. = 10 Kopeken an Frankreich. Insgesamt wären dies somit 24 Kopeken.

    Der 1. Brief aus Odessa nach Montpellier wurde jedoch mit 28 Kopeken frankiert. Er lief mit Sicherheit nicht über Preußen sondern über Wien, Bayern, Württemberg und Baden nach Straßbourg. Angeschrieben wurde von Österreich das Weiterfranko an Frankreich in Höhe von 35 Centimes (= 7 Kr. C.M.)

    Der 2. Brief aus Berdiansk nach Marseille wurde nur mit 24 Kopeken frankiert. Auch er lief über Wien nach Straßbourg und auch hier wurde das Weiterfranko mit 35 Centimes angeschrieben.

    Welche Frankatur ist nun die richtige, wobei es nach meinen Beobachtungen mehr Briefe mit 28 Kopeken gibt als mit 24 Kopeken.

    Grüße von liball