Der deutsch-französische Krieg 1870/71

  • Lieber Ralph,
    Du weißt, dass 1870/71 nicht wirklich mein Thema ist, aber diese Ausführungen sind sehr spannend.
    Liebe Grüße von maunzerle :thumbup:

    "Ein Leben ohne Philatelie (und Katzen) ist möglich, aber sinnlos!" (frei nach Loriot, bei dem es allerdings die Möpse waren - die mit vier Beinen wohlgemerkt)

  • Hallo zusammen,
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    ja, das ist mal wieder "so ein Beleg". Wo ordnet man den im Spannungsfeld des Konflikts eigentlich hin ? Man kann es vorwegnehmen: Er leitet bei genauerer Betrachtung auf eine der ganz großen Entwicklungen des Kriegsverlaufes hin, nämlich die - hier noch nicht so oft angesprochenen - Ereignisse an der Loire um Orléans. Zuvor war die Deutsche 2. Armee unter Prinz Friedrich Karl lange Zeit, d.h. seit 20. August fast bis Ende Oktober mit der Belagerung von Metz und dem Zurückhalten der dort eingeschlossenen Rheinarmee des Marschalls Bazaine gebunden.

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    Dass dieser nach einigen Ausbruchversuchen am 27. Oktober mit rd. 150.000 Mann kapitulieren musste, war insofern ein Glücksfall für den Prinzen, als dass die freigewordenen preußischen Truppen nun (ohnehin) dringend gegen die unter General d'Aurelle de Paladines neu formierte Loirearmee (fast 200.000 Mann) vorrücken mussten. Denn selbige hatte von der Regierung der nationalen Verteidigung (Gambetta) Befehl erhalten, auf Versailles zur Entsetzung von Paris vorzudringen.

    Der Weg des Prinzen führte also in mehreren Eilmärschen von Metz nach Südwesten über die Heerstraße Richtung Troyes nach Orléans. Dabei wurde sein Armeehauptquartier am 8. November...tja, man soll es kaum glauben...im Château Doulevant einquartiert, einem Ort mit noch viel weiter reichendem historischen Bezug:

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    https://books.google.de/books?id=KhwpD…%201870&f=false
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    Insofern auch von hier aus Glückwunsch!
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    vom Pälzer :thumbup:
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    ...der soeben von einem Tagestrip aus dem neuen 70-71-Museum in Gravelotte zurück gekommen ist. Was hier für 5 EUR geboten wird haut einem schlicht um: Uniformen, Ausrüstungsgegenstände, natürlich auch Waffen (u.a. eine Mitrailleuse), aber vor allem auch (sehr bekannte) Gemälde und Dokumantarfotos von enormen Aussagegehalt. Wer einmal in der Panoramahalle gestanden hat, wo sich u.a. Marschall Canrobert und General Bourbaki auf Pferd vorbeireitend grüßen, wird das nicht vergessen. Sowas von informativ, illustrativ und sorgfältigst präsentierend hat man selten gesehen, absolut dringend zu empfehlen !

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,

    was für ein Zufall - ausgerechnet in dem Örtchen wurde Geschichte geschrieben - vielen Dank für die Quelle.

    Habe auch zu der Empfängerin gefunden:

    https://gw.geneanet.org/pierfit?lang=f…nt&oc=0&p=louis

    Die gute Alix könnte es gewesen sein, die ihn einst in Händen hielt ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Sammlerfreunde,

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    der von Generalfeldmarschall von Moltke schon weit vor Ausbruch des Krieges geradezu minutiös ausgearbeitete Eisenbahnaufmarsch hat bekanntlich recht gut funktioniert, danach gab es vor allem in der Südpfalz jedoch zunehmende und dauerhafte Probleme / Engpässe. Das lag zum einen daran, dass die Strecken nicht alle zweigleisig ausgebaut waren und man an den Zielorten so schnell nicht aus- und einladen konnte, so dass nachfolgende Transporte z.T. mehrere Tage warten mussten. Zum anderen fehlte es an den Bahnhöfen schlicht an Platz und Personal zur Be- und Entladung der Züge.

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    Jeder dafür Verantwortliche hielt sein Transport - natürlich - für den kriegswichtigsten, was zum Teil sogar verständlich war, wenn es sich bspw. um Verwundetentransporte, die Beförderung von verderblichen Lebensmitteln oder dringend benötigtem Sanitätsmaterial handelte. Viele Truppenführer beschwerten sich dann über den zivilen Eisenbahndienst gerne bei höheren Stellen des Militärs, auch die verschiedenen (staatlichen) Eisenbahndienste dann untereinander mit Schuldzuweisungen, so dass es zu einem ziemlichen Wirrwar der Kompetenzen kam.

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    Im Endeffekt war jedoch maßgeblich, welche Transporte von den Militärs an den Zielorten für prioritär eingestuft wurden. Das hat man in den Führungsstäben zwar nach und nach erkannt und war über das Telegraphenwesen theoretisch auch machbar, trotzdem hat es den ganzen Kriegsverlauf über nicht reibungslos funktionert. Dies insbesondere während der Hauptphase Anfang August bis ca. Mitte September.

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    Auch der Inhalt der anbei abgebildeten Feldpostkarte, adressiert an einen in Heidelberg / Östliche Hauptstraße ansässigen Privatier vermittelt davon (indirekt) einen Eindurck, sie wurde während der Hochphase der Belagerung von Straßburg verfasst, woran hpts. badische Truppen beteiligt waren. Text wie folgt:

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    Ludwigshafen 18. Sept. 9 Uhr morgens

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    Hochverehrter gütiger Freund. Von Proviantzug keine Spur ! Wir schlagen uns auf eigene Faust weiter auf Weißenburg. Wie man sagt, kommt die Feldbäckereikolonne morgen. Für diesen Fall würde ich dieselbe in Weißenburg erwarten. Für heute einen guten Morgen mit soooooooooooo herzlichen Grüßen ! (Problematische Statur !) Brieflich mehr! Unterzeichner Lieutenant

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    Was der Unterzeichner mit der eigeklammerten Bemerkung am Schluss gemeint haben könnte, ist mir ein Rätsel, kommt da evtl. jemand drauf ?

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    + Gruß


    vom Pälzer

  • Hallo Pälzer,

    streiche "soooooooooooooooooooooo" und setze "10000000000000000" vor "herzlichen Grüßen".

    Vlt. war die Feldbäckerei so gut, dass ein Genuss deren Produkte seine Wampe hätte weiter anwachsen lassen?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Guten morgen bk,
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    streiche "soooooooooooooooooooooo" und setze "10000000000000000" vor "herzlichen Grüßen".

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    Das lasst sich einrichten. :thumbup:

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    Übrigens: Ein interessanter Beleg mit 70/71-Bezug befindet sich gerade im Ausruf bei einem bekannten Auktionshaus. Es handelt sich um einen nach Paris adressierten 12 Kr Beleg mit Mi-Nr. 20 und 23 (2), welcher, da nicht entwertet und ohne Aufgabestempel versehen zunächst an den Grenzübergang Baviere - Wissembourg gelaufen ist.

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    Die Marken wurden dort - schon sehr entzückenderweise - mit blauem Grenzübergangsstempel vom 20. August entwertet, lt. Losbeschreibung soll der Brief danach erst einmal am 23. August in München gewesen sein.

    ..

    Weiterbeförderung über die neutrale Schweiz wäre dann längst geübte Routine, insofern äußerst erstaunlich dann jedoch der Abschlag des Grenzübergangstempels Baviere - Fornbach vom 28. August und der rote PD. Dann wäre die Sendung voll in die Frontzone um Metz gelaufen, wie soll da in / nach Forbach noch eine Übergabe an die französische Post stattgefunden haben haben ?

    Ein Ankunfstempel von Paris fehlt lt. Losbeschreibung. Was ist hier (nicht) geschehen ?


    + Gruß
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    vom Pälzer...den das mit diesen verd...Zeilenumbruchsausfällen langsam kolossal nervt. Kann man da nicht endlich einmal ernsthaft was gegen unternehmen !?

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    Einmal editiert, zuletzt von Pälzer (20. Oktober 2018 um 12:56)

  • Weiterbeförderung über die neutrale Schweiz wäre dann längst geübte Routine, insofern äußerst erstaunlich dann jedoch der Abschlag des Grenzübergangstempels Baviere - Fornbach vom 28. August und der rote PD.

    Hallo Pälzer, hallo BK,

    ein ganz spannender Brief.
    Was Pälzer schreibst stimmt natürlich, die Umleitung über die neutrale schweiz ist ab dem 19.7.1870 mit Briefen belegt ...
    Der PD Stempel ist dabei auch bei den Briefen, die via Schweiz laufen nachzuweisen.

    Daher bin ich auch gespannt, welche Erklärung für die Behandlung des Briefes hier im Forum gefunden wird, wenn nicht hier, wo dann... :)

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

    Einmal editiert, zuletzt von Bayern Social (20. Oktober 2018 um 14:12)

  • Hallo Pälzer,

    der Brief ist beim PF völlig falsch beschrieben - dennoch ist der Ausruf von 5k € ambitioniert, aber m. E. nicht zu hoch.

    Wenn du einen Scan hier einstellen darfst (Rückseite wäre notwendig), beschreibe ich ihn dir/hier gerne. ;)

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo bk,

    ich denke die gegebenen Informationen reichen, die Vorderseite habe ich hier mit einem sehr guten Bild im Katalog vor mir liegen, da stimmt alles wie oben geschrieben. Was ich nicht weiss ist was auf der Rückseite steht (sollte bei so einem Ausruf selbstverständlich sein, das selbige mit abgebildet wird), aber da wird man wohl auch nichts falsches abgelesen haben.

    + Gruß

    vom Pälzer

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  • Hallo Pälzer,

    ich denke, dass die Rückseite interessant wäre ...

    Es war der Brief eines Privaten in Wissembourg, das von bayerischen Truppen besetzt war. Die französischen Postler waren geflohen und die nachfolgenden Truppen übernahmen die Posteinrichtung dort (war ja auch mal Fahrpostexpedition Bayerns!).

    Wenn Private Briefe dort jetzt frankieren wollten, hatten sie bayerische Marken zu nehmen - wie hier geschehen. Die Entwertung erfolgte mit dem Beute - Stempel "BAVIERE WISSEMBOURG", hier vom 20.8.1870, der hier nicht als Grenzübergangsstempel, sondern als verbliebener Aufgabestempel fungierte. Da alle Post aus Bayern - und hier galt Wissembourg praktisch als bayerisch - via München nach Frankreich zu leiten war, musste der Brief über die Pfalz der Hauptbriefpostexpedition München zukartiert werden; allein das zu beweisen wäre die Siegelseite sehr nützlich, denn dann könnte man das Datum des Eingangs dort sehen.

    Dergleichen Briefe waren ohne Ausnahme siegelseitig in München zu stempeln (München I), zu verpacken und via Schweiz nach Paris zu leiten; ich hatte an vorheriger Stelle hierüber ausführlich berichtet.

    Der Stempel "BAVIERE FORBACH 3", hier vom 28.8.1870, hatte mir Forbach, bzw. einer Leitung über Forbach natürlich gar nichts zu tun, sondern war der Ankunftsstempel von Paris (die Nr. 3 gab es nie über Forbach, egal in welcher Richtung, vorher wie nachher).

    Der Brief ist eine Sensation - und dabei ist die sehr seltene Mischfrankatur noch gar nicht besprochen. Der Ausruf ist hoch, aber m. E. ist der Brief das allemal wert. Wohl dem, der sich diese Weltrarität holen kann ... ich bleibe ja aus einem Versprechen bei dieser Bombe zurück und hoffe, dass wir ihn bald im Forum "wiedersehen" werden. ;)

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo bk,

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    das ist natürlich schlüssig, da hatte man in Paris einfach was im Posteingang genommen, was man meinte, dass es noch passt. Über welchen Grenzübergang die Sendung in Wirklichkeit kam, war in der Zeit ja eigentlich egal, man konnte froh sein, es überhaupt zu bekommen.

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    + Gruß

    vom Pälzer

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  • Hallo Pälzer,

    diese Stempel "3" waren immer schon in Paris - nur waren sie eher für geschlossenen Transite nach Paris vorgesehen und weniger für Briefe, die (im Friedensfall) regulär über die Grenzen liefen und die auch physisch in Strasbourg + Forbach behandelt wurden.

    Daher gab es auch den Stempel "BAVIERE WISSEMBOURG 3" niemals, auch nicht in Paris, weil Wissembourg nur ein lokaler Kartenschluß war und es daher keine Briefe über Wissembourg nach Paris geben konnte.

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo bk,
    man muss da schon sehr versiert mit den Stempeln sein. Denn es ist ja nun nicht so, als dass es an den Grenzen gar keine Grenzübergangsstempel gegeben hätte, sonst hätte man nicht in Wissembourg einen solchen erbeuten können. Insofern top-job!
    Viele Grüße
    vom Pälzer

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