Der Deutsche Krieg 1866

  • Hallo,
    hier ein Geschäftsbrief vom 25.6.1866 aus Meiningen nach Prag (Ankunft 29.6.). 20 NKr. Porto wurden vom Empfänger eingezogen.
    Meiningen gehörte zum Herzogtum Sachsen-Meiningen und stand im Krieg auf Seiten der süddeutschen Verbündeten. Die Leitung dürfte, wie in Friedenszeiten, mittels der Werrabahn über Coburg-Lichtenfels-Hof-Eger erfolgt sein. Es gibt keine Hinweise auf einen kriegsbedingten Unterbruch der Verbindung Hof-Eger Ende Juni; lediglich die Beförderungszeit von vier Tagen lässt auf Beeinträchtigungen/Verzögerungen bei der Postbeförderung schließen.
    Kann jemand etwas zum roten Kastenstempel (wohl Prag 29.6.) sagen? Wo wurde der verwendet? Könnte es ein Streckenstempel der österr. Bahnpost sein?
    Zum Absender, der Deutschen Hypothekenbank Meiningen, gibt es für Interessierte hier weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_…nbank_Meiningen
    Auch zum Ersten Direktor der Bank, F.E. Oberländer, der den Brief persönlich unterschrieben hat, ist hier etwas zu finden: https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich…Oberl%C3%A4nder
    Und last not least der Inhalt:
    Herrn Dr. Hauschild Prag
    Meiningen, den 25. Juni 1866
    Unter den dermaligen politischen Verhältnissen sind wir nicht in der Lage, auf die gefällige Proposition vom 20. d. Mts. einzugehen und sind achtungsvoll
    Deutsche Hypothekenbank
    [gez.] Oberländer ??

  • Lieber Wilfried,

    Oberländer als Unterschrift stimmt sicher - die andere könnte Altenberger heißen, oder so ähnlich.

    Prag hat zweimal Ankunft gestempelt - zuerst falsch in rot, der Farbe des Frankos, womit man dokumentierte, dass der Brief portofrei zuzustellen war. Dann hat man den Fehler bemerkt, vorne in Rötel die 20 wiederholt und siegelseitig in schwarz, der "Farbe" des Portos, erneut seinen Stempel abgedruckt. Sehr schön und nicht häufig, auch wenn es nur ein Teilaspekt dieses Briefes darstellt.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,
    vielen Dank für die Klärung dieses Details. War mir nicht bewusst, dass man in der Donaumonarchie Franco/Porto-Ankunft in verschiedenen Farben gestempelt hat!
    Aber mein Fokus ist halt ganz woanders...

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber Wilfried,

    und wenn du 50 Porto- und 50 Frankobriefe noch dazu kaufst, wirst du wahrscheinlich keinen mehr dabei haben, der diese Besonderheit aufweist. Vlt. auch ein Indiz für den Stress, den der Krieg auch der Post bereitete?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • ... Ich habe mir die Mühe gemacht und meine Taxis-Briefe von 1860-1866 durchgesehen, wleche einen an der Bahnlinie Eisenach-Coburg liegenden Absendeort haben und in Richtung Nordostbayern liefen. Diese Briefe wurden alle über Coburg befördert und haben einen Durchgangstempel von Coburg auf der Rückseite.

    Unser Brief von Wasungen hätte folglich auch über diese Bahnstrecke laufen müssen. Wasungen lag direkt an dieser Bahnstrecke. Es fehlt aber der Stempel von Coburg.

    Wie bereits festgestellt war Sachsen-Meiningen am 1.7.1866 noch neutral. Sachsen-Coburg-Gotha, durch dessen Staatsgebiet die Bahnstrecke im Bereich Coburg lief, war auf Seite Preußens im Kriegszustand mit Bayern. Ich halte es für wahrscheinlich, dass diese Bahnstrecke unterbrochen war oder zumindest vertraute man dieser Berförderung über Feindesland nicht.

    Aus diesem Grund könnte sich die PE Wasungen für Briefe nach Bayern der Weiterbeförderung durch die Feldpost bedient haben. Dort wurde dann sozusagen als Übernahmestempel der Feldpoststempel angebracht. Die Briefe könnten dann über Mellrichstadt in Richtung Schweinfurt und von dort weiterbefördert worden sein. Die Postroute Mellrichstadt - Schweinfurt bestand schon seit frühester Zeit. Dort wurde vor den Zeiten der schnelleren Bahnpost die Post in Richtung Thüringen befördert.

    Hallo,
    nochmals zu meinem Brief vom 25.6.66 aus Meiningen nach Prag.
    habe hier bayernjäger aus post #429 zitiert, wo wir einen Brief aus Wasungen diskutiert hatten mit der Möglichkeit/Wahrscheinlichkeit einer Leitung über Coburg.
    Auch mein Brief weist keinen Durchgangsstempel von Coburg auf, und eine Leitung über Mellrichstadt-Schweinfurt (und dann weiter via Bamberg-Nürnberg oder aber Bayreuth) wäre dann durchaus möglich gewesen, falls die Werrabahn nicht mehr durch Coburg bis Lichtenfels ging. Das würde die viertägige Beförderungsdauer zumindest teilweise erklären.
    Hilfreich wäre jetzt eine verläßliche Aussage zu Unterbrüchen der Werrabahn im Sommer 1866...

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo,
    meine Recherche hat im "Regierungsblatt für das Herzogtum Coburg (1866)" - s. auch hier: https://opacplus.bsb-muenchen.de/Vta2/bsb105101…305383?page=252 - dies ergeben (s. erste Anhang).
    Man kann also davon ausgehen, dass es sicherlich Unterbrechungen im Fahrplan der Werrabahn in der Zeit nach dem 22.6. gegeben haben muss.
    ...und im "Neuen Bayerischen Volksblatt" von 1866: https://opacplus.bsb-muenchen.de/Vta2/bsb105040…:4219406?page=8

  • Liebe Sammlerfreunde,

    kaum 9 Jahre nach dem Deutschen Krieg 1866 wurde 1875 in Stadt Kemnath in der Oberpfalz eine Krieger- und Soldatenkameradschaft gegründet. Im folgenden Jahr stellten im ehemaligen Kloster Michelfeld die Dillinger Franziskanerinnen eine Fahne her, deren Fahnenweihe in Kemnath am 29. Juli 1877 erfolgte. Diese Fahne mit dem einmalig frühen Händedruck zwischen Bayern und Preußen kann als Dauerleihgabe im Heimatmuseum des Heimatkundlichen Arbeitskreises in Kemnath besichtigt werden.

    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber VorphilaBayern,
    ein schönes Beispiel für die Bedeutung, die der von Preußen und Bayern jüngst gemeinsam geführte und gewonnene Krieg 1870/71 gegen Frankreich hatte. In dessen Glorifizierung sollte und musste der unselige Bruderkrieg 1866 in Vergessenheit zurückgedrängt werden.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Hallo, hier aus einem Auktionskatalog der 131. Auktion von Fehr, 13.9.1983. Da kam folgendes Los zum Angebot: Nr. 3196, Beschreibung: DARMSTADT, EK ohne Jahreszahl auf 9 Kr. farbl. durchstochen, als Expressgeb. auf Feldpost-Paketbegelitbrief., hochinteress. u. selt. Liebhaberlos, Nr. 44, Ausruf 2000,– DM. Gestempel am 13.7.66. Nun zur Frage: Warum hat der Absender die 1-Kreuzermarke aufgebracht? Offenbar zur Beschleunigung der Zustellung, handelte es sich doch um 64 fl. 35 xr. Gelder zur Unterstützung der im Felde stehenden Armeeangehörigen der Großherzoglich-Hessischen Division. Außerdem war da Eile angebracht, denn kurz Zeit später kam es in der Gegend Untermain Aschaffenburg bis Tauberbischhofsheim zum Ende des Feldzuges mit dem Sieg der Preußen. Kennt jemand den Beleg?

    Hinweis: Frankierte Fahrpostbegleitumschläge bei TT waren eigentlich erst ab 1.11.1866 möglich. Kann jemand den Namen des Kanzleirathes lesen?

    Gruß Taxis107

  • Hallo Heinrich,

    von einem Kanzleirath kann ich nichts erkennen.

    M. E. ist der Stempel auf der Marke falsch und die Marke macht dort wenig Sinn ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,
    den Beleg hatte ich noch nie vorher gesehen, und zur Bedeutung der aufgeklebten Marke und der Absicht dahinter kann ich nichts sagen.
    Der Stempelabschlag auf der Marke sieht aber dem zweiten sehr ähnlich, sodass eine Manipulation - deren Beurteilung auf der Basis des schlechten scans zumindest mir nicht möglich ist - gut gelungen wäre...
    Auch ich lese "Kanzleirath" ganz unten; aufgrund der Qualität der Abbildung kann man aber keine Details erkennen, die einen Name lesbar machen würden.

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Vielen Dank, das hilft schon mal weiter.
    1983 wurden die Kataloge mit der alten (schlechten) Technik erstellt. Dies bedeutet, die Reproduktion erfolgte unscharf und in sw. Ich habe das Bild noch mehrfach gescannt in verschiedenen Auflösungen, entrastert und etwas gesäubert. Viel besser ist die Abb. aber nicht geworden. Zumindest ist es ein kriegsgeschichtlich sehr interessanter Beleg. Auch die Anschrift des Adressaten, das Kommando der Grohzgl.-Hess. Armeedivision, ohne Ortsangabe läßt auf Dringlichkeit schließen. Immerhin ging es zu der Zeit ezwas aufregend ab. Preußen hat die Macht übernommen. Frankfurt wurde am 17.7. besetzt, Darmstadt am Tag danach. Aus dieser Zeit gibt es auch noch die Belege mit den "Klebezetteln". (farbige Abbildung)
    Gruß Taxis 107

  • wird im kommenden RB des DASV der Bericht eines württembergischen Offiziers über eine Reise mit der Exrapost, die er während des Feldzuges im Vogelsberg unternommen hat erscheinen.

    Gruß Taxis107

    Mitglied im DASV

  • Lieber Wilfried,

    sehr interessant - danke fürs Einstellen. :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    für den Krieg entscheidend war das Datum 9.6.1866, weil an diesem Tag Preussen in Holstein einmarschierte und in Folge dessen Österreich die Mobilisierung der Bundestruppen anregte.

    An diesem Tag wurde der Brief in Eger (heute: Cheb) nach Hof geschrieben wurde. Zur Post ging er aber am Folgetag, dem 10.6.1866 - an diesem Tag sollte die Bundesreform geplant werden, mit der Österreich ins Abseits gedrängt werden sollte.

    Über den Bahnhof von Eger (10.6.) lief er am 11.6.1866 nach Hof in Bayern, wo er ausgetragen wurde.

    Ich habe lange nach einem Brief Bayern - Österreich bzw. vice versa vom 8.6.1866 gesucht und wenn dieser hier auch keine Schönheit darstellt, bin ich doch sehr froh, ihn zu besitzen, auch wenn er heute keinen Inhalt mehr hat und vom später folgenden Krieg natürlich nicht betroffen war.

    Als Postvereinsbrief unter 1 Loth bis 10 Meilen war er mit 5 Neukreuzern treffend frankiert.