Württemberg nach USA

  • Hallo,

    hier ein Brief aus Württemberg/Herrenberg nach USA, dem man ansieht, dass er schon einiges "mitgemacht" hat ;)

    Zuerst ist er voll frankiert mit 41 Kreuzern, wobei, von voll frankiert zu sprechen, ist vielleicht bei der Erhaltung der Marken ein wenig optimistisch.
    Die Frankierung mit Marken ins Ausland war in Württemberg ab 01.07.1852 die Regel, in Bayern z.B. erst 1854.

    Der Brief wurde mit der Bremen mail befördert, und zwar in der 3.Tarifperiode. Ab Juli 1852 war das Porto 32Kr.USA/Seeporto und 9Kr.PV, zuvor war das USA/Seeport noch 33 Kreuzer.

    Der Weg über den Atlantik startete in Bremen, da aber im Januar 1853 wegen der Witterungsverhältnisse keine direkte Verbindung über die Dampfer der Bremen-mail bestand, wurde der Brief im geschlossenen Paket über England geleitet, man spricht in diesem Fall von der Bremen closed mail.

    Laufweg also: 28.1.1853 von Bremen nach Liverpool, von dort am 9.2. 1853 mit der Collins-Linie "Pacific" nach New York/Ankunft 21.2.1853.

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    das nenne ich echte Bedarfserhaltung. Aber wie geschrieben, das war damals eine echte Weltreise und so muss man froh sein, dass sich solche Briefe überhaupt erhalten haben.

    Schön zu sehen, dass er über Frankfurt am Main lief. Wer hat den Postvereinsanteil von 9x (6 Cents) denn beim Rückbrief bekommen? Hannover, Bremen oder Taxis?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    von der internen Aufteilung im Postverein habe ich leider keine Ahnung ;(

    Gibts da Literatur, oder muss man in den Postverträgen nachlesen?

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    das ist ja das Problem ... kamen die Briefe in Bremen oder Bremerhaven an? Welche Poststelle fungierte als Aufgabepost für den Postverein? Im Zweifelsfall sollte das in den deutschen Ausführungsbestimmungen stehen können, wenn man sie hat. Ich habe sie leider nicht ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    hab mal in Postgeschichte und Altbriefkunde Heft 160 nachgelesen, Friedrich Meyer schreibt da zur Bremen mail folgendes:

    1. Bremen hatte in Bremerhaven ein Stadtpostamt eingerichtet, wo die Briefe aus USA sortiert wurden
    2. Der Bremer Postmeister sortierte seine Kurse aus, d.h. Post nach Bremen, Hamburg, Lübeck, Mecklenburg, Skandinavien, Holland und Oldenburg.
    3. alle anderen Briefe wurden dem hann.Postamt in Bremen übergeben.
    4. Hannover leitete dann an die anderen Austauschpostämter weiter, z.B. Taxis.

    Hilft das weiter?

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    danke für die Aufzählung - im hohen Norden war alles ein bißchen schwieriger, von daher können wir jetzt wählen zwischen Hannover, Bremen oder Taxis. Vlt. hat man es so gemacht, dass die weiterleitende Postverwaltung ihr Geld als Aufgabepost bekam? Also bei Briefen aus den USA nach Bremen = Bremen, nach Bayern = Taxis und nach Russland = Preußen? Machte doch Sinn, oder?

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    das kann ich mir nicht so recht vorstellen, Bremen macht einen Vertrag mit den USA und bekommt nur die Gebühr für Bremen-Briefe?

    hab noch was gefunden im Artikel von Friedrich Meyer:

    " Das Bremen Stadtpostamt kann seine Post ungehindert gegen eine Pauschalgebühr über hannoversches Territorium führen", in dem Artikel kommt auch zum Ausdruck dass Vereinbarungen mit Preußen und Taxis geschlossen wurden.

    Ich denke, dass Bremen die PV-Gebühr erhalten hat, und einen bestimmten Anteil an die Transitländer Hannover, Preußen und Taxis abgegeben hat.

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo bayern klassisch,

    noch was gefunden zu dem Thema:

    Mit Gründung des DÖPV galt folgendes: Die Postvereinsgebühr von 1-2-3 sgr je nach Entfernungszone, beanspruchte das jeweilige Grenzeingangspostamt. Das war das Stadtpostamt Bremen für die bremischen Kurse (Oldenburg, Holland, Hamburg und die dahinter liegenden Länder) und das hannoversche Postamt in Bremen für hannoversche Kurse (Hannover, Preußen, Sachsen, Taxis, Bayern, Württemberg, Baden).
    Hannover erstattete TT und Preußen eine Transitgebühr.

    D.h. für einen Brief aus USA nach Bayern. Hannover ist Grenzeingangspostamt, Bremen bekommt nichts, Hannover 3sgr und gibt eine Transitgebühr von x an Taxis, Bayern bekommt nichts. So könnts gewesen sein 8o

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    danke - so war es dann. Ich war mir nicht sicher, weil ich bei Ausstellungssammlungen schon verschiedene Varianten gelesen hatte und mir der Primärtext nicht vorliegt.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    gut dass Du mir die Steilvorlage zu den PV-Gebühren gegeben hast, wieder mal den Horizont erweitert :thumbup: :thumbup:

    Jetzt wäre nur noch interessant, welche Pauschalgebühr die Transitländer bekommen haben?

    Wie schauts eigentlich beim Brief z.B. Bayern nach USA aus? Beim Frankobrief kassiert Bayern die 41 Kreuzer und behält aus Aufgabepost die PV-Gebühr.
    Das Transitland Taxis bekommt eine Pauschalgebühr, der Rest geht an Hannover und die leiten den Anteil von USA und Seepost weiter, und bekommen nichts.

    Bei einem Brief aus Mecklenburg macht Bremen die Weiterleitung und erhält nichts. Also immer die Aufgabepost erhält die PV-Gebühr.

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    ganz so einfach war/ist es leider nicht.

    Das Prinzip war, dass die Aufgabepost alles bekam. Liefen Sendungen über andere Postvereinsterritorien, so war bilateral festgelegt, welche Streckenführung angesetzt wurde und nach den Meilen zu bezahlen war.

    Dies bedingte, dass jeder AD - Staat mit den Staaten Individualverträge im Rahmen des DÖPV schloß, durch die seine und fremde Briefe transiterten. Bayern hatte also eigene Verträge mit Österreich, Baden, Württemberg, Taxis, Preußen und Sachsen, weil deren Postgebiete an Bayern grenzten und somit auch für Sendungen von, nach oder über Bayern postvereinstransitgebührenmässig relevant waren.

    Im Postverein wurde 1/3 Silberpfennig pro Postmeile angesetzt, da stets in der preußischen Währung gerechnet wurde. Das Maximum waren 7 Silberpfennige, also 7/12 Silbergroschen, demnach knapp 2 Kreuzer rheinisch. Hierbei spielte die tatsächliche Route über ein Postvereinsgebiet keine Rolle; berechnet wurde nur nach der postvertraglich ausgeknobelten Route und nach dieser hatten sich die Postverwaltungen zu richten.

    Am Anfang wurden alle Briefe individuell gewogen und das jeweils ermittelte Gewicht mit dem Satz multipliziert; also 1 Loth = XY Silberpfennige, 2 Loth 2mal XY Silberpfennige usw..

    Dieses Procedere war sehr umständlich, kostenintensiv, personalaufwändig und fehlerbehaftet. 1855 einigte man sich auf Pauschbeträge, die im Rahmen der statistischen Auswertung vorheriger Quartale (Abrechnungszeiträume) ermittelt worden waren. Demnach bezahlte der eine diese sogenannten inneren Postvereinstransite dem anderen in dessen Währung per Quartal.

    Baden hatte z. B. mehr Transitforderungen an Bayern, als umgekehrt, so dass Bayern pro Quartal einen Betrag von mehreren Hundert Gulden an Baden vergüten musste.

    Dafür hatte Bayern höhere Transitforderungen an Österreich, als umgekehrt, so dass Österreich in rheinischen Kreuzern Bayern Geld überweisen musste.

    Aber auch diese Berechnungen, die wochenweise pro Jahr wiederholt wurden, um die Höhe der Pauschzahlungen zu aktualisieren bzw. neu festzusetzen, waren mit der Zeit zu umständlich geworden.

    Daher wurden zum 1.1.1861 mit dem Neuen Postvereinsvertrag einfach 2 Briefe pauschal als 1 Loth gerechent, ohne Ansehung des tatsächlichen Gewichts und entsprechend vergütet.

    Wer also eine Transitstammlung für den DÖPV ins Auge fasst (und der Verfasser weiß, wovon er redet), hat ein hoch interessantes Teilgebiet der Postgeschichte vor sich, bei dem es noch so manches zu entdecken gibt. Darüber hinaus sind natürlich Briefe interessant, die über mehrere Postvereinsgebiete liefen (Frankreich über Baden, Taxis, Bayern, Sachsen nach Österreich, so dass man zur korrekten Beschreibung eines solchen Briefes die Postverträge Baden - Frankreich, Baden - Taxis, Taxis - Bayern, Bayern - Sachsen und Sachsen - Österreich haben muss. Einfach ist anders ... :D

    Ich hoffe, das war jetzt nicht zu sehr "off topic" ... :rolleyes:

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    nein überhaupt nicht "off topic", sehr spannend.

    Aber grundsätzlich hat die PV-Gebühr die Aufgabepost erhalten, auch bei Portobriefen?

    Für die Transitabrechnung muss man halt dann die einzelnen Postverträge kennen, aber wichtig ist für mich auch, dass ich jetzt mal das grundsätzliche Prozedere kenne.

    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo Leitwege,

    es war egal, ob porto oder franko verschickt wurde.

    Das Postgebiet der Aufgabepost bekam alles, nur die Transite waren von diesem zu zahlen.

    Das Postgebiet der Abgabepost bekam gar nichts; dafür kam irgendwann einmal der Gegenbrief und dann bekam das Postgebiet, welches eben noch Abgabepost war, als Aufgabepost alles.

    Drucksachen und Muster ohne Wert anhängend bleiben transitkostenfrei, ebenso die Dienstbriefe und die Schreiben der Majestäten.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Porto-Brief vom 15 April 1862 von Esslingen nach New York, weitergeleitet nach Washington DC.

    Dank an Bayern klassisch für die Entzifferung der Adresse:

    Monsieur Eduard Jeanin
    Sergent = Major 1 compagnie
    Regiment Enfants Perdus
    Head Quaters No. 64 White Street
    New York Washington D.C.
    pressante

    Aktuell gehe ich davon aus dass es sich hier um einen Teilnehmer des "American Civil war" handelt.
    Im Moment suche ich noch ein ganz kleines Puzzle Teil.

    Vielleicht können noch Schiff und Porto geklärt werden, oder steht die blaue 2 für 2 Dollar?

  • Hallo Ulrich,

    die Aufgabepost bekam bei einfachen Portobriefen via Prussian Closed Mail 2 Sgr. = 6 Kreuzer später von Preussen gutgeschrieben, die s. Stempel 5 US - Cents entsprachen.

    Der Empfänger hatte 30 Cents zu zahlen. Das Schiff zu eruieren schaffe ich mit 5,5 kg Mieze auf Wampe leider nicht ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Das Schiff zu eruieren schaffe ich mit 5,5 kg Mieze auf Wampe leider nicht ...

    Das mit Katze glaube ich, aber das mit Wampe ist doch Geschicht, was man zumindest so hören tut.

    Grüße aus Bempflingen
    Ulrich

    Das Leben ist zu kurz um sich darüber zu ärgern, was andere über dich denken oder sagen

    also hab Spaß und gib ihnen etwas worüber Sie reden können

    scheinbar ist ihnen ihr eigenes Leben zu langweilig