• Hallo zusammen,

    Hoppla, da hat aber jemand die Entfernung von Heidelberg nach München erheblich unterschätzt!
    Das war jedenfalls meine erste Reaktion, als ich dieses Los im Nachverkauf der letzten Wohlfeil-Auktion fand. Beschrieben war eine Brief-Vorderseite mit einem Paar der MiNr. 2a vom September 1851. Ganz glücklich bin ich allerdings trotz des sehr moderaten Kaufpreises nicht: wie ich es sehe, ist es durchaus möglich, dass jemand sich ein hübsches großes Briefstück zurecht geschnitten hat und dass dabei eine weitere vielleicht beschädigte 3-Kreuzer-Marke "geopfert" wurde …
    Was meint ihr: kann man einen solches möglicher Weise "behandeltes" Brief-Fragment als unterfrankierten Beleg zeigen?

    Viele Grüße
    Alfred (balf_de)

    PS: kann jemand den Beruf bzw. Titel des Herrn Simmerl entziffern? (Meine Großmutter mütterlicherseits war eine geborene Simmerl und stammte aus Oberbayern)

  • Lieber Alfred,

    ... königlich bayerischen Advocaten ... war die Anschrift.

    Meiner Meinung nach fehlt eine 3 Kr. Marke. Jeder Ort von Baden lag über 20 Meilen von München entfernt, das wusste auch jeder in Heidelberg. Die Aufgabepost hätte "noch 6x" taxieren müssen. Zu dieser Frühzeit des DÖPV waren auch alle bayerischen Postler berechtigt, den Brief selbst nachzutaxieren. Beides ist nicht zu sehen.

    Die Wahrscheinlichkeit bei einem Fragment, dass a) der Absender, b) die Aufgabepost und c) die Transit- und Abgabepost den Fehler nicht bemerkt haben sollten, ist sehr gering.

    Ich würde dir gerne positiveres zu berichten. Wenn du das Stück zurück geben kannst, würde ich diese Variante am liebsten sehen, sonst ist das Geld weg ...

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Ralph,

    Wenn du das Stück zurück geben kannst, würde ich diese Variante am liebsten sehen, sonst ist das Geld weg …

    danke für deine "schonungslose Offenheit" :) ! Ernsthaft: ich hatte keine andere Antwort erwartet.
    Zurückschicken werde ich den Beleg wohl nicht - er hat incl. Rollgeld 46 Euro gekostet. Legt man die Sem-Bewertung (Handbuch 6. Auflage von 2004) zugrunde, kommt man bei einem ordentlich geschnittenen Paar der Nr. 2a bei Beförderung im Postverein zu einer Bewertung von 350 Euro. Wobei dies für einen kompletten Brief gilt. Für ein großes Briefstück wie dieses muss man sicher Abstriche machen, aber immerhin ...

    Interessant für eine Bewertung ist natürlich die Frage, ob man bei einem wahrscheinlich manipulierten Beleg von einer (Ver-) Fälschung sprechen muss, wodurch der wie auch immer ermittelte Wert vernichtet wurde. Wie ist das zu sehen?

    Viele Grüße
    Alfred (balf_de)

  • Lieber Alfred,

    der Brief ist ja nicht verfälscht - ihm wurde ja nur, nach "guter", alter Sitte, eine Marke entnommen. Er spiegelt ja nichts wider, was so nicht war.

    Man müsste ihn halt als das beschreiben, was er jetzt darstellt - ein Fragment eines ursprünglichen 9 Kr. Briefes nach Bayern.

    In Anbetracht der Katalogbewertung und des, von mir bisher nicht bekannten, Preises kann man es auch im eigenen Album belassen - lose wäre es ja auch nicht viel günstiger zu bekommen, denke ich.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,


    Für ein großes Briefstück wie dieses muss man sicher Abstriche machen, aber immerhin ...


    also wenn man da nach meinem ollen Michel-Spezial von 2006 geht, dann wertet das darin gelistete (lose gestempelte) Paar der Baden 2a immerhin stramme 200.- EUR, wobei die Preise lt. Michel nur für Stücke gelten, die an höchstens zwei Seiten berührt sind.

    Wenn ich das richtig erkenne, dann ist hier bei jeder Marke nur eine Seite berührt, so dass man die 200 EUR vorliegend vielleicht sogar noch einen Tick höher ansetzen darf. Von daher würde ich sagen hat man allein dafür mit 46.- all incl. sicherlich nichts falsch gemacht.

    + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Liebe Freunde der badischen UND bayerischen Philatelie,

    heute zeige ich ein Kuvert mit der Nominale von 3 Kreuzern aus Heidelberg vom 5.4.1864, welches ab 1.10.1862 innerbadisch bis 1 Loth ohne Entfernungsbeschränkung korrekt frankiert aufgegeben wurde. Empfänger sollte sein:

    "Herrn Friedrich Solger aus Nürnberg zur Ablage im Hôtel Adler in Constanz am Bodensee".

    Ausweislich der mit 5 Poststempeln verzierten Siegelseite lief er dann mit Zug 7 am Folgetag von Heidelberg Richtung Basel (ab 1.11.1864 bis 31.5.1865 planmäßige Abfahrt um 01.35 Uhr in Heidelberg und Ankunft in Basel war 09.35 Uhr).

    In Constanz am 6.4. kam er gut an und man gab den Brief beim Hotel Adler für ihn ab.

    http://www.hotel-gasthaus-adler.de/historie/geschichte/

    Leider bemerkte man zu spät, dass unser fränkischer Handlungsreisender unter Hinterlegung einer neuen Anschrift abgereist war, so dass er mit korrigierter Anschrift, streiche "Adler", setze "Krone" nach Überlingen weiter geleitet wurde.

    http://www.hotelkrone1.de/

    Als Zeichen der vorher stattgefunden Auslieferung an das Hotel und der erneuten Postaufgabe stempelte Constanz vorne korrekt Aufgabe und taxierte ihn ohne Portozuschlag treffend mit 3 Kr. in blauer Tinte mittig.

    Am 7.4. kam er auch folgerichtig in Überlingen am Bodensee an - doch auch hier weilte unser wackerer Franke nicht mehr. Jedoch hatte er, clever wie er war, noch schnell sein neues Ziel mit dem bayerischen Kempten angegeben und zwar dort den Gasthof zum Löwen.

    https://www.11880.com/branchenbuch/k…aus-loewen.html

    Hatte Constanz die vermeintliche Abgabepost in Überlingen noch mit 3 Kr. belastet, die diese nicht einheben konnte, wurde nun aus einem reinen badischen Inlandsbrief ein Brief in den DÖPV.

    Von Überlingen nach Kempten waren es über 11 Meilen, daher wurden jetzt zu Recht 6 Kr. für diese Leitung notiert, womit wir auf 3 + 6 = 9 Kr. Gesamtporto in Kempten zu belasten kommen.

    Am 8.4. war es dann endlich soweit - man gab den doppelt nachgeschickten Brief dem Empfänger, oder dem Gastwirt für 9 Kr. ab und unser Herr Sorger war nett genug, das damals etwas hastig geöffnete Kuvert aufzubewahren, so dass es heute noch hier gezeigt werden konnte. Nach "Beycassirung" des badischen Portos von 9 Kr. verblieb Bayern hier gar nichts und der kleine württembergische Transit fiel auch intern kaum ins Gewicht.

  • Hallo bk,

    ...stempelte Constanz vorne korrekt Aufgabe und taxierte ihn ohne Portozuschlag treffend mit 3 Kr. in blauer Tinte mittig.

    das verstehe ich jetzt ehrlich gesagt nicht so ganz. Wenn in Constanz nur die Möglichkeit bestanden hat ganz neu als Portobrief nach Überlingen aufzugeben - was der Adressat ja ausdrücklich selbst so wollte - warum sollte da kein Portozuschlag für ihn innerhalb von Baden angefallen sein ?

    Wie auch immer, das sind die Belege, von denen man PO erst richtig lernen kann. :thumbup:

    + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,

    gute Frage! Wurde ein frankierter Brief ausgeliefert, hatte also den sog. Postlauf verlassen, war aber dann nachzuschicken, so geschah dies im ganzen DÖPV ohne Portozuschlag, also nicht mit den üblichen "+ 3 Kr.".

    Der Sinn lag darin, dass man ja als Absender die Franktatur gewählt hatte, also ein Franko - Impetus vorlag, den man nicht durch beliebig viele Portozuschläge konterkarieren wollte.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    ich hatte das hier:

    Als Zeichen der vorher stattgefunden Auslieferung an das Hotel und der erneuten Postaufgabe


    so verstanden, dass der Postkurs verlassen worden ist und es sich in diesem Sinne nicht um eine Weiterleitung, sondern um eine erneute Neuaufgabe gehandelt hat. Deswegen habe ich die "nur" 3 Kr in blauer Tinte nicht verstanden. Wenn es eine Neuaufgabe war, dann war der Tatbetand eines Portobriefs, bei dem die Post den Aufwand hatte, die Gebühr beim Empfänger nachzuerheben erfüllt. Dann hätte nach meinem Verständnis ein Portozuschlag erfolgen müssen.

    Aber selbst wenn es dann nun so war, dass der Postkurs nicht verlassen wurde, weil man schon an der Hotelrezeption den Nachsendewunsch des Adressaten hat verkünden und die Annahme somit abwenden können: In diesem Fall stellt sich mir umgekehrt die Frage, ob die (einfache) Weiterleitung innerhalb von Baden dann nicht nur nicht portozuschlagspflichtig, sondern ob diese dann überhaupt gebührenpflichtig war. D.h. in diesem Fall verstehe ich die 3 Kr in blauer Tinte - im Moment leider - auch nicht.

    + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,

    Heidelberg - Constanz - Ablieferung im Hotel. Ende des Postlaufs.

    1 Tag später bringt man den Brief mit geänderter Anschrift zur Post in Constanz und schickt ihn nach Überlingen. Da er ausgeliefert war, musste die Post jetzt 3 Kr. ansetzen (Fernbrief Constanz - Überlingen). Weil er zuvor frankiert worden war, durfte man keinen Portozuschlag erheben!

    In Überlingen wurde er nicht ausgeliefert, weil man ihn gleich nach Kempten weiterleitete; daher blieben die 3 Kr. stehen und es kamen, da über 10 bis 20 Meilen jetzt im Postverein, weitere 6 Kr. hinzu.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    jetzt steht da in dem § 31 Satz 2, dass das früher für die Nachsendung anfallende Porto "in Auslage zur Anrechnung gebracht wird". Wie ist denn das jetzt wieder zu verstehen ? Heißt das, dass es so lange mit dem Brief im DÖPV "imaginär mitwandert", dies ohne weitere Zuschläge selbst über mehrere Nachsendungen hinweg, bis es letztendlich im DÖPV zugestellt ist ?

    + Gruß !

    vom Pälzer

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • Hallo Pälzer,

    mit "Auslage" war "Belastung" gemeint; einer Post etwas "in Auslage anrechnen" hieß sie zu belasten. Hier hatte zuerst Constanz die Post in Überlingen mit 3 Kr. belastet und dann die Post in Überlingen die Post in Kempten mit 9 Kr..

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bk,

    ach so, jetzt verstehe ich das, das ist in beiden Fällen nur die Francotaxe, zuerst 1 x 3 Kr und dann nochmal 1 x 6 Kr wegen größerer Entfernung gewesen. Die beiden Francotaxen und nur die wurden dann unter`m Strich mit 9 Kr "in Auslage genommen ...kein weiterer Portozuschlag.

    So ein Brief gibt`s doch gar nicht...boa, gibt`s doch ! 8o

    + Gruß !

    vom Pälzer :thumbup:

    Wer um Postgeschichte einen Bogen macht, läuft am Schluss im Kreis

  • ... ooch, es gibt noch ganz andere - aber selbst im DÖPV muss man so einen erst einmal finden. Außerdem verbindet er perfekt meine beiden Lieblingsländer Bayern und Baden, 2 Weiterleitungen usw. machen sich in meiner Mini - Sammlung mit Briefen ab 2 Abgabeposten ganz gut. :P

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    heute zeige ich einen Brief vom 20.5.1828 aus Wiesenbach R.2. an den Rentamtmann Priester, bei seiner hochfürstlichen Durchlaucht, den Herrn Fürsten von Wrede (Wreden hieß er nicht!) in Ellingen (wo seine Gnaden ein Schloß zu besitzen geruhte).

    Man kann schön den Einzeltransit Baden - Württemberg - Bayern anhand der Taxen nachvollziehen:

    4 Kreuzer für Badens Aufgabepost und 6 Kreuzer für den Transit durch das taxische Württemberg ergaben die 10 Kreuzer, die Nürnberg in seinen Auslagestempel malte und deren beiden Therme man dann strich. Dazu kamen 4 weitere Kreuzer für Bayern ab der Grenze bis Ellingen.

    Der Fürst "himself" wäre ja portofrei gewesen, aber sein Verwalter war es natürlich nicht, so dass jener dann auch 14 Kreuzer (kleine Contravention, weil nicht addiert zum Endporto) zu berappen hatte.

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    das nennt man dann wohl waschechten Bedarf, die Marke (tadellos erhalten) über den Rand geklebt...und so schön daherkommend oberdrein dazu: Ein Muster ohne Wert. Der erst Beleg dieser Art, welcher in der IM-Sammlung aus Baden begrüßt werden darf. Absender war das Handeshaus Meyer-Nicolay in Mannheim, das auch in regen Kontakt mit der Rheinschifffahrt gestanden hat, wegen Import aus Übersee über die Niederlande.

    + Gruß !

    vom Pälzer

  • Hallo zusammen,

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    weiter geht`s mit einem Nachportobeleg. Vorliegend hätten, da die Transportentfernung über 20 Meilen lag, 9 Kr frankiert werden müssen, es fehlen folglich deren 3. Insgesamt 12 Kr waren für den Portobrief fällig, abzüglich der bereits entrichteten 6 Kr waren in Ixheim bei Zweibrücken wohl oder übel noch weitere 6 Kr nachzuzahlen. Sehr erfreulich wiederum für uns Sammler heute auch der an allen 4 Rändern tadellose Markenschnitt und ein topsauber abgeschlagener 5-Ringstempel aus Freiburg.

    .

    + Gruß

    .

    vom Pälzer