• Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    zur Abwehr der Anfang 1831 in Russland ausgebrochenen Cholera wurde an der russisch-preußischen Grenze ein Sanitätskorridor eingerichtet. Hereinkommende Reisende, Tiere und Waren wurden hier Desinfektionsmaßnahmen unterzogen, um die Ausbreitung in Preußen zu verhindern.

    Die Briefpost wurde bereits in den Grenz-Zollstationen angehalten und desinfiziert. Hierbei wurden die Briefe perforiert und mit Essigsäure geräuchert.
    Anschließend wurden sie mit einem entsprechenden Sanitätsstempel versehen und an die preußische Post weitergeleitet.

    Am 4. Mai 1831 wurde ein erstes Regierungs-Edikt erlassen, dass die Räucherung der eingehenden Briefe vorschrieb.
    Am 13. Juni 1831 wurde eine Anweisung mit detaillierten Beschreibungen zur Vorgehensweise erlassen.

    Dieser Brief kam aus Archangelsk (7. Mai 1831) und war nach Kopenhagen in Dänemark adressiert.
    In der Grenz-Zollstation Nimmersatt wurde er desinfiziert und anschließend, mit dem Stempel KÖNIGL. PR. CONTUMAZ DIRECTION zu NIMMERSATT versehen, an das Grenzpostamt Memel (15. Juni 1831) weitergeleitet.

    Die Vorsichtsmaßnahmen zur Abwehr der Cholera erreichten ihr Ziel nicht, schon im September 1831 war Berlin erreicht. Die Sanitätskorridore wurden nach Westen verlegt. Der letzte Desinfektionsstempel von der russisch-preußischen Grenze datiert von Ende Oktober 1831.

    Viele Grüße
    Michael

  • Hallo Michael,

    da ich zu Preussen nur sehr rudimentäre Kenntnisse habe, möchte ich Dich gerne zur Seltenheit und Bewertung dieser Sanitätsstempel befragen, da mir vor kurzem ein Brief mit einem solchen Stempel angeboten worden ist. Sowiet ich mich erinnere war es ein Kastenstempel, zweizeilig mit dem Text "Sanitätsstempel". Zum Jahr kann ich nichts sagen. Welchen Wert hat so ein Brief, wenn ich davon ausgehe, dass sonst nichts besonderes an ihm ist?

    Besten Dank im voraus für Deine wieteren Informationen

    Gerhard

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Gerhard,

    der Stempel wird bei Feuser mit 600,- DM geführt.
    Bei Felzmann gab es 2012 eine Auktion mit einer Reihe von Cholera-Briefen. Dabei war auch ein gut erhaltener Brief mit diesem Stempel aus Posen (angeblich eine nicht bei Feuser gelistete Type des Stempels Nr. 68 ). Der Abschlag war klarer als auf deinem Brief und vorderseitig angebracht. Der Ausruf betrug 500,- €, das Los blieb unverkauft. Eine Reihe von Briefen blieb damals liegen, die Rufpreise waren wohl etwas zu ambitioniert angesetzt worden. Es handelte sich um die Auflösung der Sammlung eines bekannten Cholerapost-Sammlers.

    Viele Grüße
    Michael

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Freunde,

    hier ein Cholerabrief aus der preußischen Rheinprovinz:

    Aufgegeben franco am 10.8.1831 in Elberfeld ging es nach Lyon.
    Der Brief wurde doppelt diagonal durchgeschlitzt und mit Essigsäure behandelt.

    Früher dachte ich mal, Cholerabriefe müssten weiter östlich aufgegeben worden sein ...
    Der Aufgabestempel ist eine nicht lange verwendete Sonderform.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    deutsche Cholerabriefe nach Frankreich sind handverlesen - ich habe keinen. ;(

    Bei dem Aufgabestempel frage ich mich gerade, wie viel Restalkohol man haben muss, um auf so eine Stempelform zu kommen ... :D

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


    • Offizieller Beitrag

    Lieber bayern klassisch,

    deutsche Cholerabriefe nach Frankreich sind handverlesen - ich habe keinen. ;(

    hatte Bayern denn was von der Cholera-Epedemie mitbekommen?

    Bei dem Aufgabestempel frage ich mich gerade, wie viel Restalkohol man haben muss, um auf so eine Stempelform zu kommen ... :D

    das kann ich nachvollziehen. :rolleyes:
    Man war eben kreativ im Tal der Wupper.
    Der Stempel wurde auch nur kurz verwendet (1831 ist belegt, nach Feuser ab 1830) und fand meines Wissens keine Nachahmer.

    Viele Grüße
    Michael

  • Lieber Michael,

    Bayern hatte ja etliche Contumazstellen eingerichtet, s. Feuser unter Cholerapost, von daher halte ich es für höchstwahrscheinlich, dass es auch in Bayern Opfer der Cholera gegeben hat.

    Bayerische Briefe aus 1831, so ich sie bisher gesehen habe, zeigen keine Hinweise auf eine entsprechende Behandlung. Ich kenne das nur davor (aus 1819) bei einem Brief nach Portugal, der in Frankreich oder auf der iberischen Halbinsel abgekocht wurde, aber keine Einschnitte aufweist.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • hatte Bayern denn was von der Cholera-Epedemie mitbekommen?

    Liebe Freunde,

    da ich einen 21Kr Cholera Brief Bay-Ital habe von 1866 habe ich mich mit dem Thema schon recht viel beschäftigt.
    Es gab diverse Cholera Epedemien in Bayern, u.a. zu der Industrieausstellung, auch vorher und nachher, hier ist
    Max von Pettenkofer eine zentrale Figur einen Brief an Ihn habe ich leider vor kurzem nicht bekommen, da ich das
    Angebot zu spät gesehen habe.....kommt aber nochmal, einmal in den kommenden 15Jahren 8o:D
    http://de.wikipedia.org/wiki/Max_von_Pettenkofer

    Beste Grüsse
    Bayern Social :)

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • lieber bayern klassisch,

    deutsche Cholerabriefe nach Frankreich sind handverlesen - ich habe keinen. ;(


    ich möchte einen Brief vom 25.11.1831 zeigen, der von Hamburg nach Bordeaux gesendet wurde und dort am 4.12.1831 ankam. Ende 1831 wütete in Hamburg die Cholera und der Brief zeigt die typischen Durchstanzstellen, die vor dem Desinfizieren angebracht wurden.
    Ich frage mich, warum die Briefe nach Frankreich "handverlesen" sind, ist doch Frankreich, meiner Beobachtung nach, eine der Hauptdestinationen Altdeutscher Auslandskorrespondenz.

    beste Grüße
    stampmix

  • Hallo stampmix,

    ein toller Brief vorab - hätte ich gerne von Bayern. :P:P:P

    Warum sie selten sind, kann ich auch nicht sagen - vlt. gab es seitens der Empfänger das dringende Bedürfnis, sie zu entsorgen? Ich kann nur für Bayern bzw. die Südstaaten sprechen und für diesen großen Bereich gibt es kaum etwas, obwohl die dortigen Korrespondenten sicher nicht schreibfauler waren, als ihre norddeutschen oder mitteldeutschen Kollegen.

    Auch Briefe in der Gegenrichtung kenne ich keinen einzigen - und das nach über 20 Jahren der Suche. So häufig können sie also nicht sein, da ich die süddeutsche Marktlage recht gut kenne.

    Aufruf an alle: Wer dergleichen hat, bitte hier zeigen!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Alandsammler,

    phantastische Briefe - so noch nicht gesehen, Chapeau!

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo zusammen,

    hier ist noch eine „Desinfektions“- oder Cholerapost.
    Ich hoffe, die gefällt Euch auch! ;)


    Der Briefinhalt ist ein Befehl des Generalgoiverneurs Zakrevski an den Befehlshaber auf Åland, dafür zu sorgen, dass das am 4.9. in Frankreich ausgelaufene französische Schiff „La Jeune Adelaide“ oder auch „Julius“ oder „Julia“, nicht heimlich in einem Hafen auf Åland anlegt, und seine die staatliche Sicherheit gefährdende Ladung enthält. Sobald das Schiff gesehen wird, soll die Landeskanzlei in Åbo informiert werden.

    Gruß Alandsammler

  • hallo zusammen,

    ich möchte Euch einen Cholerabrief zeigen, der am 23. August 1831 von Giessen nach Paris gesandt wurde. Adressiert an Louis Oppermann, bei Bankier C.G.Oppermann in der Rue St.George. Siegelseitig sind 2 Räucherdurchstiche gut zu erkennen.

    Schön wäre es, wenn mir jemand bei der Taxierung helfen könnte.

    beste Grüsse
    stampmix

  • Hallo stampmix,

    wenn ich nicht irre: 6 Decimes für TT und 9 Dec. für Frankreich = 15 Dec. Gesamtporto.

    Wo die Contumaz stattgefunden hat, kann ich leider nicht sagen.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • bayern klassisch

    vielen Dank erstmal für Deine Unterstützung und damit ist auch folgender Brief taxiert:

    Schreiben von Stuttgart nach Paris am 22.Dezember 1831 über Strasbourg mit Grenzübergangstempel R2 "Allemagne/P.Strasbourg" und Ankunftstempel K2 PARIS? "27/Dec./1831". Auch hier sind die beiden Durchstiche siegelseitig gut zu erkennen.

    Es ist mein dritter Cholerabrief von 1831 nach Frankreich, der keinen Desinfektionsstempel zeigt, sondern nur durch die Perforation und/oder Waschspuren zu identifizieren ist. Alle befördert durch T&T über Givet, Forbach und Strasbourg. Interessant wäre zu wissen, ob die Briefe vor oder nach dem Grenzübergang deszinfiziert wurden.

    schönes Wochenende wünscht
    stampmix