Schleswig-Holstein - DÖPV

  • Hallo,

    immer wieder ein interessantes Kapitel der schleswig-holsteinischen Postgeschichte ist die Beziehung zu den Staaten des Deutsch-Österreichischen Postvereins und die unterschiedlichen vertraglichen Regelungen für den Briefverkehr aus und in die Elbherzogtümer.

    Die unterschiedlichen Verträge und die Vorstellung entsprechender Briefe sollen hier das Thema werden.
    Anfangen möchte ich mit dem Postvereinsvertrag:

    Nach der Erhebung gegen Dänemark und der Bildung einer landeseigenen Regierung trat Schleswig-Holstein zu Beginn des Juli 1850 dem Postverein bei. Da jedoch zu dieser Zeit Schleswig unter preußisch-dänischer bzw. ab 13.Juli wieder unter alleiniger dänischer Verwaltung stand, beschränkte sich der Einflußbereich der schleswig-holsteinischen Regierung nur auf Holstein, so dass auch nur Holstein tatsächlich Mitglied des Postvereins wurde.

    Zu dieser Zeit galt also der Postvereinstarif für Briefe aus/nach Holstein (als Mitglied des Postvereins).
    Bei dem vorliegenden Brief (vom 29.3.1851) aus Kiel nach Bautzen in Sachsen hatte der Empfänger 4 Silbergroschen - bzw. umgerechnet 4 (sächsische) Neugroschen - für einen einfachen Portobrief über 20 Meilen Entfernung zu bezahlen.

    Viele Grüße
    nordlicht

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Nordlicht

    Ein schöner Anfang
    Ich freue mich dieser Thread weiter zu folgen. Vielleicht auch mit etwas Inncomming mail von anderen hier im Forum :)

    Viele Grüsse
    Nils

  • Moin,

    nachdem Dänemark ab 18.Februar 1852 wieder die Herrschaft über Holstein übernommen hatte, wurde die Mitgliedschaft Holsteins im Postverein zwar nicht fortgesetzt, aber die postalischen Regelungen blieben vorerst erhalten.

    Für den anhängenden Brief vom 21.6.1852 nach Sachsen galt also der Postvereinstarif von 4 Silbergroschen (obwohl Holstein nicht mehr Mitglied im Postverein war).

    Viele Grüße
    nordlicht

  • Moin,

    Nachdem sowohl Schleswig als auch Holstein wieder unter dänischer Herrschaft standen, wurde der Postverkehr in einem Postvertrag zwischen Preußen und Dänemark einheitlich neu geregelt. Danach setzte sich ab 1.Februar 1854 die Gesamttaxe für Postsendungen zwischen den Postvereinsstaaten und Dänemark (inklusive Schleswig, Holstein und Lauenburg) aus dem preußischen bzw. Postvereinsporto (1 bis 3 Sgr.) auf dem Gebiet der Postvereinsstaaten und einem entfernungsabhängigen dänischen Porto zusammen (1 bis 2 Sgr.).

    Der Brief unten lief 1861 von Neustadt in Holstein nach Leipzig in Sachsen und wurde gemäß dem preußisch-dänischen Postvertrag barfrankiert:
    dänisches Porto 1 Silbergroschen (= 4 dänische Skillinge) für Entfernungen unter 10 Meilen; preußisches Porto 3 Silbergroschen (= 13 dänische Skillinge) für Entfernungen über 20 Meilen.

    Die meisten Briefe aus Schleswig-Holstein in den Postverein liefen über Hamburg. Dieser jedoch wurde über Lübeck - durch Lauenburg - nach Büchen geleitet und dann weiter auf der Bahnlinie Hamburg-Berlin befördert.

    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo Nodlicht,

    feine Stücke - Glückwunsch zu den Briefen. Nach Bayern gab es leider nie viel Korrespondenz von dort, aber dennoch möchte ich einen aus Itzehoe vom 7.3.1865 zeigen, der deine Laufwegbeschreibung bestätigt. Viele habe ich nicht gesehen.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo bayern klassisch,

    na, dein Brief gefällt mir aber auch gut - zumal Itzehoe meine Heimatstadt ist :D

    Der alte dänische Einkreisstempel wurde im März 1865 nur noch wenige Woche benutzt und dann durch einen preußischen Zweikreisstempel ersetzt.

    Interessant finde ich auch, dass der Brief barfrankiert wurde, da der Absender dann von der Post nicht besonders gut beraten wurde. Hätte er den Brief mit Marken frankieren lassen, hätte es ihn nur 5 Schilling gekostet ...

    Danke für's Zeigen!
    nordlicht

  • Hallo Nordlicht,

    danke für deine wertvollen Insider - Informationen, die für einen Bayern außerhalb dieses Forums kaum zu beschaffen sind. :)

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Nordlicht,

    noch eine Frage: Warum verlangte man einen halben Schilling mehr, wenn bar frankiert wurde? Warum wurde dort überhaupt die Barfrankatur ausgeübt? Es gab doch Marken. Klärst du mich auf?

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo bayern klassisch,

    gern, aber dazu muss ich etwas ausholen:

    Das Problem in Schleswig-Holstein war, dass es lange keine passenden Marken gab, um Frankaturen in Silbergroschen darzustellen.
    Zum Zeitpunkt deines Briefes - also immerhin schon 1 Jahr nach Ausgabe der ersten Marken in Schleswig-Holstein - gab es nur Marken zu 1 1/4 Schilling zur Begleichung der einfachen Briefgebühr (und erst im Februar 1865 erschien eine weitere Marke zu 1/2 Schilling für Ortsbriefe).

    Daher konnte man lange Zeit nur entweder mit Marken überfrankieren oder den Brief barfrankiert oder als Portobrief aufgeben. Dieses ist auch mit ein Grund, warum es nicht soviele Markenfrankaturen aus Schleswig-Holstein aus dieser Zeit gibt.
    Um die Markenfrankatur zu erleichtern, hat man im Mai 1864 eine interessante Sonderregelung eingeführt:
    die Marken zu 1 1/4 Schilling konnten als 1 Silbergroschen verwendet werden (obwohl 1 1/3 Schilling die richtige Währungsparität ist).
    Diese Regelung galt nur für etwas über ein Jahr, nur in Holstein und nur für Briefe in den Postverein.

    Solche Briefe gibt es nicht so viele - nach Bayern habe ich noch keinen gesehen.

    Viele Grüße
    nordlicht

    PS: Dasgleiche Problem gab es übrigens auch schon zu dänischen Zeiten, da auch die Marken zu 4 Skilling nicht geeignet waren, um Silbergroschen-Frankaturen abzudecken. Zwar galt 1 Silbergroschen = 4 Skilling, aber schon 2 Silbergroschen = 9 Skilling. Markenfrankaturen sind deshalb rar und häufig überfrankiert.

  • Hallo Nordlicht,

    danke für deine hochinteressante Erklärung - super!

    Ich werde meine Augen aufhalten nach Briefen mit Marken - einen kann ich vorweisen und versuche ihn in dieser Woche hier einzustellen.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Guten Abend,

    nachdem bayern klassisch einen schönen und seltenen Brief aus Schleswig-Holstein nach Bayern gezeigt hat, möchte ich kurz ein paar Informationen zum passenden Postvertrag geben.

    Ab 12.8.1865 galt der oben erwähnte Postvertrag zwischen Preußen und Dänemark nicht mehr, sondern wurde durch die "Provisorische Portotaxe" ersetzt, welche den Postverkehr mit dem Postverein neu regelte. Dadurch wurde das zusätzliche (dänische) Porto abgeschafft, aber die Herzogtümer waren weiterhin nicht Mitglied des Postvereins.

    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo,

    hier eine Incoming Mail aus Preußen nach Schleswig-Holstein.

    Im Jahre 1863 galt noch der alte Postvertrag zwischen Preußen und Dänemark: die Gebühr für diesen Brief betrug demnach 3 Sgr. für den Postverein und 1 Sgr. für die Reststrecke von Hamburg nach Altona. Der Absender hat den Brief jedoch nur teilfrankiert, so dass das fehlende dänische Porto (1 Sgr. = 4 Skilling) vom Empfänger erhoben wurde.

    Viele Grüße
    nordlicht

  • Hallo nordlicht,

    sehr schönes Stück - hier eines aus Bayern, leider ein vielfaches seltener und schwieriger zu finden, als aus Preußen oder Sachsen, weswegen ich auch nur dieses Stück aus Erlangen vom 18.2.1854 besitze.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Bilder

    Liebe Grüsse vom Ralph

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  • Hallo Altsax,

    zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu diesem schönen Stück incoming mail nach Sachsen. Natürlich sind 22 Sk Briefe keine Massenware, aber Deutschland ist von Dänemark aus neben den skandinavischen Nachbarn und Großbritannien die häufigste Destination. Das 22 Sk Porto für Briefe aus dem 2. dänischen in den 3. deutschen Rayon galt immerhin vom 15.7.1854 bis 31.7.1865. Die Registratur der frankierten Auslandsbriefe kommt auf an die 100 Briefe dieser Portoperiode. Die genaue Zahl kann ich nicht sagen, da der Registrator Karsten Jensen die einzelnen Frankaturkombinationen gruppiert (also: 4-10 bekannt, 11-25 bekannt, etc.) Die bekanntesten 22 Sk. Frankaturen sind die Briefe der Heyn-Korrespondenz nach Danzig. Die spezielle Frankaturkombination Mi. 2+4+6 ist 4-10xbekannt. Diese Briefe verirren sich höchst selten nach Deutschland oder in die Schweiz. Seit der Reddersen Sammlung ist meines Wissens keine große Dänemark-Classic Sammlung mehr außerhalb Skandinavien versteigert worden.
    Das soll der Freude an diesem Stück Postgeschichte aber keinen Abbruch tun.

    Viele Grüße
    DKKW

  • Hallo DKKW,

    aus Dänemark nach Deutschland gerichtete Briefe mit einer solchen Frankatur habe ich auch schon mehrfach gesehen. Dabei waren aber kaum solche aus Schleswig, das ich in meiner Sammlung getrennt betrachte.

    Nachfolgend noch ein Brief aus Holstein, der nur bist zur Postvereinsgrenze frankiert worden ist. Derartige Grenzfrankaturen sind auch in Gegenrichtung relativ häufig anzutreffen. War das "alte Gewohnheit", Patriotismus, oder gab es andere Gründe für diese Handhabung?

    Beste Grüße

    Altsax

  • Hallo Altsax,

    jetzt verlangst Du viel von mir: Haben sich unsere Altvorderen mit Ihren Teilfrancobriefen etwas gedacht und wenn ja, was?

    In den alten dänischen Taxverzeichnissen wird regelmässig die Alternative Franco bis Hamburg oder Taxpunkt bzw. Zielort angeboten. Ich vermute, die Absender empfanden ein Teilfranco bis Hamburg als fairen Kompromiss zwischen Franco- und Portobrief. Dies ist aber eine reine Mutmassung meinerseits!! Vielleicht können nordlicht, Baldersbrynd und DK6100 hier noch ihre Meinung zu der Fragestellung äußern.

    Gerade um diese Teilfrancobriefe ist in den letzten Jahren ein regelrechter Hype ausgebrochen, dabei sind sie aus Dänemark gar nicht mal soooo selten (aber natürlich auch keine Massenware).

    Viele Grüße
    DKKW