• Liebe Freunde,

    selten fallen uns Briefe in die Hände, die nicht die üblichen postalischen Vermerke aufweisen wie "franko", "porto" oder "frei bis ...".

    Dieser Thread soll diesen Briefen gewidmet sein, die zwar vom Absender zum Empfänger liefen, aber Vermerke "mit Güte" oder "durch Güte" aufweisen, wie immer sie dann wirklich gelaufen sein mögen.

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    Am 5.8.1836 schrieb die Mutter in Steben, 84 km nördlich von Forchheim, ihrem Sohn, dem Studiosus Theodor Bischoff in Erlangen einen Minibrief. Sie vermerkte unten links "durch Güte", weil sie glaubte, dass jemand den Brief ihrem Sohn direkt geben würde, was aber nicht der Fall war. Der "gütige" private Beförderer gab ihn am selben Tag in Forchheim auf, zuvor strich man jedoch den Vermerk durch.

    Die Post notierte 3 Kr. als einfacher Brief bis 6 Meilen, die unser Studiosus berappen durfte.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo Bayernfreunde,

    vielen Dank an bayern klassisch für die Eröffnung dieses Threads. Er zeigt uns ja gleich auch einen interessanten Brief, der zuerst "durch Güte" zugestellt werden sollte und dann aber doch noch durch die Post befördert wurde.

    Der folgende Brief hat die Post nicht gesehen. Er wurde im Febr. 1836 auf der kurzen Strecke von Kadolzburg nach Nürnberg (Entfernung gut 2 Meilen) "durch Güte" von einem Reisenden mitgenommen und der Empfängerin, der Frau Oberleutnantin Göer in Nürnberg, ausgehändigt.

    Es handelt sich um ein kleines Kuvert (11,8 x 7,2 cm), das auf der Rückseite mit einer kleinen quadratischen Siegelmarke verschlossen wurde - sie wurde beim Öffnen nicht beschädigt.
    Der Briefinhalt in Form eines Doppelbogens mit 4 eng beschriebenen Seiten ist auch noch erhalten. In ihm schildert die Antonie Horadam ihre Freundin Auguste jede Menge Klatsch und Tratsch aus ihrem Leben. Der Brief endet mit der eindringlichen Mahnung "Laße ja Niemanden diesen Brief lesen". ;)

    Viele Grüße
    bayern-kreuzer

  • Lieber Bayern Klassisch, lieber Bayern Kreuzer,

    an dem tollen Thread, der die alte Zeit so lebendig macht, möchte ich mich gerne beteiligen.

    EIn kleinformatiges (Liebes) Briefchen mit der 2I aus der Anfangszeit vom 4.3.1850 mit HKR
    Erlangen entwertet und portogerecht nach Wilhermsdorf bei Markterlbach, an die Frau Dr. Braun
    gerichtet.

    Interessant und auch passend zum Thread ist der handschriftliche Vermerk des Absenders "D.G.", der
    dann wieder gestrichen und mit dem Franko Vermerk "Frei" ersetzt wurde.

    Das bedeutet, der Absender hatte die Hoffnung, den Brief mit einem Boten "durch Güte" also
    kostenlos and die Fr.Dr. Braun mitnehmen zu lassen.

    Als dieser, aus Gründen, die wir heute nicht mehr herausfinden können ausgefallen ist, hat der
    Absender die 3Kr Marke tarifgerecht für den einfachen innerbayrischen Brief der ersten Entfernung aufgeklebt und bei der Post zur Übermittlung aufgegeben.

    Ich hoffe euch gefällt einer meinerr Lieblingsbriefe der 2I auch ein wenig?

    Viele Sammlergrüsse
    Bayern Social

  • Lieber Bayern Social,

    wer hat schon eine Erstausgabe mit Güte - Vermerk? Manchmal kam es aber vor (bitte Inhalt prüfen), dass ein Teil der Strecke durch einen Privaten durch Güte befördert wurde, ehe dieser dann den Brief bei der nächsten Post einlieferte.

    In jedem Fall außergewöhnlich und hoffentlich sehen wir hier noch mehr Beispiele dieser Beförderungsart.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Lieber Bayern Klassisch,

    interessant, das es die Varianten auch gab.

    In diesem Fall sind aber doch an den Stempeln und der Tarifzone m.M. nach klar zu erkennen,
    das der gütige Übersender des Briefes ausgefallen und dieser für die Atrecke von rund 35Km
    richtig mit 3Kr frankiert wurde.

    (Den Inhalt werde ich Dir, als bekannter Meister der Altdeutschen Schrift zumailen, um sicher zu gehen) 8o

    Liebe Grüsse 8)
    Bayern Social

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Liebe Freunde,

    Briefe mit diesem Vermerk sind nicht häufig - unter meinen vielen VMZ - Briefen habe ich auf die Schnelle nur diesen hier gefunden, der aber auch interessant ist:

    [Blockierte Grafik: http://s3.imgimg.de/uploads/IMGd386c9c8jpg.jpg]

    In Hamburg (!) schrieb man einen Brief bis 1/2 Loth an den Herrn Dr. und Professor Trott in Erlangen. Den Brief versah man mit dem Vermerk "durch Güte". Dies geschah am 26.11.1840. Ein Brief von HH nach Erlangen hätte ca. 24 Kreuzer gekostet, aber die wollte man sich sparen. Im Brief selbst vermerkte man, dass man ihn einem Handlungsreisenden mitgeben würde, der auch nach Mittelfranken zu reisen gedenkt.

    Dies muss dann am 13.12.1840, also erst 17 Tage später passiert sein, denn an diesem Tag erhielt er den Stempel der Nürnberger Hauptbriefpostexpedition, die ihn als einfachen Portobrief mit 3 Kr. treffend taxierte. Damals benötigte die Post ca. 5 Tage für den Transport von Briefen aus Hamburg nach Nürnberg, aber das nahm man hier in Kauf.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Hallo,
    war die "Durch Güte"-Beförderung von der Post überhaupt geduldet, oder gabs schon so etwas wie ein Post-Monopol?
    Ich kann mir vorstellen, dass es die Post nicht gern gesehen haben dürfte, wenn ein Teil des Leitwegs aufgrund privater Beförderung keinen Profit brachte...

    Beste Grüsse vom
    µkern

  • Lieber mikrokern,

    nimm als Beispiel meinen Hamburgbrief nach Erlangen: Die bayer. Post last "durch Güte", aber was hätte sie machen sollen? Das Siegel war nicht zu erbrechen, das wäre eine Straftat gewesen (Briefgeheimnis). Also hat man 3 Kr. an dem Brief verdient, für die man ihn zu befördern hatte. Wäre er ab HH über Frankfurt - Aschaffenburg instradiert, hätte man eine weitere Strecke bewältigen müssen, für die es aber auch ein höheres Porto gegeben hätte. Faktisch war das fast ein Nullsmmenspiel.

    Düpiert war die TT Post in HH, die gar nichts bekam. Ein Postregal gab es natürlich (TT hatte die Postregale ja gepachtet bzw. als Lehen bekommen), von daher war die Post de jure immer im Land der Aufgabe zu nutzen und Verstösse dagegen waren "Criminalia". Das Problem war die Durchsetzung ...

    Auf der anderen Seite waren diejenigen, die in ihrer Güte Briefe annahmen, auch am Umsatz beteiligt, weil ohne sie der ein oder andere erst gar nicht hätte schreiben können und von daher z. B. der Brief von Bayern Social, wenn er vom flachen Lande kommen würde, keine 3 Kr. eingebracht hätte.

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Sammlerfreunde,

    folgenden Brief möchte ich zeigen:
    Brief vom 9. Dezember 1813 an Baron von Lindenfels in München,
    abzugeben an .... von Künsberg "Durch Güte". Die von Lindenfels
    und von Künsberg waren mehrmals untereinander verwandt. Im
    Anhang dazu noch der vierseitige private, wahrscheinlich inte-
    ressante Inhalt.

    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber VorphilaBayern,

    eine außergewöhnliche Strecke ist das und ich freue mich, wieder einen Brief mit dem Vermerk "durch Güte" hier beisteuern zu können.

    Ich zeige den Inhalt auch, weil er interessant ist und den modus operandi verdeutlicht, den man dieser Versendungsform regelmässig unterstellen darf.

    Fangen wir außen an: Die Adresse lautet Hrn. Oscar von Hoeslin, per Adr. dhern. C. F. Burgett in der Philippiner Welserstraße in Augsburg durch Güte. Man erkennt noch sehr gut, dass der Brief an allen 4 Seiten mit Wachs auf etwas befestigt war. Der Inhalt klärt uns dann auf, wo genau.

    Inhalt des Briefes:

    Lindau, de. 20. Sept. 1839

    Lieber Oscar!

    Anbei übersende ich dir, durch Güte des Hrn. Dr. Wagner, eine Schachtel mit Lindauer Trauben. Schicke sie gefälligst nach Louisensruh. Sie mögen bei dem sonntägigen Kirchweihschmause als Dessert dienen.
    Mit dem Wunsche, daß Ihr sie fröhlich verzehren möget, grüße ich Euch Alle aufs herzlichste, und nenne mich wie immer Deinen Stettner.

    P.S. Mein Brief von vorgestern wird dir zugekommen sein.

    Interessant ist die Vorgehensweise und das Einspannen von mehreren Personen.

    Der Herr Stettner verschickt Trauben, die er in eine Kiste packt, mit diesem Brief versieht und sie Herrn Dr. Wagner persönlich übergibt. Unser Doktor bringt sie von Lindau nach Augsburg, was damals schlappe 160 km Entfernung bedeutete! Dieser gibt sie dann dem Empfänger, Herrn Oscar von Hoeslin (auch Oskar von Heoßlin geschrieben), der unter der Adresse von C. F. Burgett in Augsburg residiert, damit dieser sie am Sonntag nach Louisenruh (http://www.google.de/url?sa=t&rct=j…9iJCYXNM_sIp1kg) zum dortigen Schloss mitbringen soll.

    Hoeßlins Sohn hat wohl auch das Schloß dort bauen lassen (http://de.wikipedia.org/wiki/Luisenruh_(Aystetten)). So schließt sich der Kreis der Sophie wieder ...

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

  • Lieber BayernKlassisch,

    ein ganz spannendes und interessantes Stück "Durch Güte" aber
    auch Sophie zeigst Du uns da.... :thumbup::thumbup:

    Schön, zu sehen, dass die Sophie bei Deinen Beschreibungen einen
    immer festeren Bestandteil bekommt...!! :P:P

    Liebe Grüsse von
    Bayern Social

    Beste Grüsse von
    Bayern Social


    "Sammler sind glückliche Menschen"

  • Lieber Bayern Social,

    ich fürchte, da hat mich jemand angesteckt ... wenn ich nur wüsste, wer das war? :D

    Liebe Grüsse von bayern klassisch

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Sammlerfreunde,

    einen solchen Brief habe ich bisher noch nicht gesehen:
    Brief aus Bischofsheim vor der Rhön an den Posthalter
    in das nahe Neustadt an der Saale vom 29. April 1859.
    Er übergab den Brief dem Postexpeditor in Bischofsheim,
    mit der Bezeichnung "D. G." = "Durch Güte". Der Postexpe-
    ditor schlug den Aufgabestempel auf den Brief und beför-
    dete den Brief unentgeltlich an den Empfänger in Neustadt
    an der Saale.
    Vielleicht kann jemand den Text des Briefes hier einstellen.

    Beste Grüße von VorphilaBayern

  • Lieber VorphilaBayern,

    ein ganz außergewöhnliches Stück - Glückwunsch hierzu!

    Ich versuche mich mal an dem etwas flüchtig geschriebenen Text:

    "Bischofsheim am 9. April 1859

    Lieber Herr Posthalter!

    Mein ältester Knabe geht übermorgen zur ersten heiligen Kommunion.

    Möchten Sie nicht die Gefälligkeit haben, ihn am Sonntag früh durch Ihren Postillon,

    der zwischen 10 und 11 Uhr ankömmt ... "

    und ab da verließen sie ihn. Vlt. kann einer den Rest lesen?

    Wie dem auch sei - der Transport von Personen durch Postillone auf der Tour und vor allem auf der Retour ohne Postschein (= Fahrkarte) war strickt verboten und zog unweigerlich Disziplinarmaßnahmen nach sich.

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.


  • Liebe Freunde,

    heute möchte ich einen simplen innerbayerischen Brief vorstellen, der durch Güte befördert wurde (von wem auch immer ist nicht zu eruieren), aber der eben nicht diesen bekannten Vermerk aufwies, sondern uns mit dem französischen "p(ar) bonté" erfreut, was das selbe bedeutet.

    Der Absender schrieb in München 1m 25.4.1838 einen sehr wichtigen Brief an den Gerichtshalter Otto in Regensburg, in dem es um viel Geld, Probleme, gerichtliche Streitigkeiten et cetera ging.

    Der Brief weist weder einen Stempel, noch sonst eine postalische Behandlung auf, so dass der Vermerk "durch Güte" sicherlich zur Versendungsweise passt.

    Der Empfänger notierte innen oben rechts "praes: den 27. April 38", womit wir wissen, dass er innerhalb von 2 Tagen dort angekommen war. Schneller war die Post damals auch nicht, denn das vorherrschende Transportmedium war noch immer die Kutsche und von München nach Regensburg waren es immerhin 105 km Luftlinie und ca. 140 km damals zu fahren. Postalisch hätte der Brief bei über 12 - 18 Meilen übrigens 6x Franko/Porto gekostet, die man sich schon mal gespart hat, wenn die Dienste des Gütigen denn kostenlos gewesen sein sollten.

    Der Brief war gesiegelt und wie wir wissen lag der Transport versiegelter Briefe allein der bayerischen Staatspost ob. Es handelte sich also ganz klar um einen Verstoß gegen das Postgesetz, aber da ich leider keine Contraventionen der Vormarkenzeit (VMZ) sammle, wandert er in die Mini - Sammlung der Kuvertierungen und Gütebeförderungen, wo er sich auch wohl fühlen dürfte.

  • Lieber Freunde,

    unglaublich, aber wahr.

    Unlängst ging mir in der Bucht zu einem moderaten Sofortkaufpreis der anhängende Brief ins Netz. Heute kam er hier an und ich wollte anhand des Empfängers Oscar von Hoeslin im Internet etwas über ihn erfahren. Ich gebe also bei google den Namen ein und - Bingo, der 4. Treffer zu dieser Schreibweise war ein Link in unser Forum hier, genauer gesagt Beitrag # 10.

    Nun zeige ich einen an diesen Oscar von Hoeslin (auch Hoesslin wohl geschrieben), der den Vermerk "durch Güte" trägt und nach Strasbourg gerichtet war. Der Inhalt ist eher banal, doch geht aus ihm hervor, dass der am 15.6.1842 verfasste Brief (sehr schön geschrieben!) von einem Theodor Umrath aus Augsburg stammt, der im Brief erwähnt, dass er zur Kur über Lindau (s. #10) nach Appenzell verreisen wird und die Herren Poch und Sauter die Zustellung ("Güte") in Strasbourg bewirken werden.

    Es war also genau der "Unterschleif", den Frankreich und Bayern vermeiden mochten, weil ihnen viel Geld = Umsatz flöten ging, wenn auf diese illegale Weise korrespondiert wurde.

  • Liebe Freunde,

    unlängst fiel mir dieser Brief in die Hände, den ich auf ein vertretbares Finanzmaß reduzieren konnte. Geschrieben in Mannheim, Baden, am 3.8.1861, an die Kuhnel´sche Maschinenfabrik in Frankenthal. Es ging um die Zustellung eines badischen Patents.

    Der Absender, A. C. L. Reinhardt notierte auf der Adresseite: "Durch Güte des Herrn Mündler"

    Ein Herr Mündler muss also in Mannheim den Brief (evtl. nebst weiteren Sachen) an sich genommen und ihn über die Rheinbrücke bei Ludwigshafen nach Frankenthal verbracht haben. Das Franko hätte nur 3 Kreuzer betragen, was ja auch nicht gerade hoch war.

    Mir fällt ad hoc kein zweiter Brief durch Güte ein, bei dem der "Gütler" vorne nominiert worden wäre.

  • Lieber Wolfgang,

    da wähnte ich mich um ein Haar einige Minuten im Besitz eines dürftigen Unikats und dann kommst du daher und verdreifachst die Anzahl meines potentiellen "Unikats" - wow, klasse. Die hätte ich auch genommen. Wußte gar nicht, dass du so "weit" sammelst ... aber Forum macht schlau und wenn das auch dich nicht zuträfe, auf wen sonst? :)

    Liebe Grüsse vom Ralph

    "Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." Vicco von Bülow aka Loriot.